5 Gründe für scheiternde SAP-Projekte – und wie ein Interim Manager helfen kann
, von Jens Quentin (Bridge imp)
Vorsicht Geldverbrennungsgefahr! Wer bei der Realisierung komplexer ERP-Systeme am falschen Ende spart oder Risiken unterschätzt, bekommt am Ende die saftige Rechnung. Risiken gibt es mehr als genug: Von der Qualität der Berater bis hin zur Unfähigkeit, die richtigen Entscheidungen zur richtigen Zeit zu treffen, kann die Einführung von SAP und Co. an vielen Stellen scheitern. In seinem Gastbeitrag skizziert Interim Manager, SAP-Guru und Buchautor Eckhardt Pasenau häufige Stolpersteine und gibt Tipps für ein gelungenes SAP-Projekt.
Eckhardt Pasenau ist eine international erfahrene IT-Führungskraft mit weitreichender Lösungskompetenz. Seine fachlichen Schwerpunkte liegen in den Bereichen ERP (SAP), Logistik, Produktion und CRM. Pasenau hat 15 Jahre Führungserfahrung und ist seit 2018 als Interim CIO tätig. Er ist Autor des englischsprachigen Buchs „Raindance For Growth“, das 2017 erschienen ist.
Gastbeitrag von Eckhardt Pasenau:
Eines der prominentesten Beispiele einer misslungenen SAP Einführung lieferte das Handelsunternehmen Lidl: Laut Marktschätzungen verbrauchte das Großprojekt Elwis bis zur Einstellung rund eine halbe Milliarde Euro Budget. Im Zuge ihrer Produktpolitik drängt SAP Bestandskunden zu einem Upgrade auf die neue S/4 Hana Umgebung. Viele Unternehmen nehmen dies zum Anlass, eine Runderneuerung ihrer Prozesslandschaft zu realisieren. Nicht ohne Grund gelten SAP-Einführungen als hochriskant.
Wie können SAP-Projekte trotzdem zum Erfolg geführt werden? Im Folgenden möchte ich Ihnen zeigen, wie dies gelingt und wie ein Interim Manager Sie dabei zielführend unterstützen kann.
Hierzu ist es zunächst wichtig, die 5 wesentlichen Risiken eines SAP-Projektes genauer zu verstehen:
1. Unterschätzte Prozesskomplexität
Die Komplexität über Jahrzehnte gewachsener, oft heterogener Systemumgebungen wird – nicht nur von Führungskräften – oft sehr unterschätzt. Hier liegt der Teufel in den Details: komplexe Eigenentwicklungen, zahllose Schnittstellen, intransparente Funktionalitäten. Ein Business-Redesign kann hier häufig Abhilfe schaffen; oft aber erweist sich „alt hergebrachte“ Funktionalität als so wichtig, dass sie im neuen System wieder entwickelt werden muss. Sowohl Neuentwicklung als auch Business-Redesign kosten nicht nur Geld, sondern binden auch knappe unternehmensinterne Ressourcen.
2. Mangelnde Beratungsqualität
Das SAP-Geschäft boomt, qualifizierte SAP-Berater sind im Arbeitsmarkt nur zu hohen Preisen zu finden. Daher fehlt es gerade vielen großen Beratungsunternehmen an Fachkräften mit jahrelanger Erfahrung. Wenige langjährige Berater sind bereit, Reisetätigkeit und die Einbuße an Lebensqualität in Kauf nehmen. Letztendlich haben Endkunden es häufig einfacher, qualifizierte Mitarbeiter zu finden – doch auch für sie ist der Markt begrenzt. Das Zusammenwirken von unterschätzter Prozesskomplexität und mangelnder Qualität externer Berater führt nun zu drei weiteren Herausforderungen:
3. Mangelnde Transparenz technischer Risiken
Zwar ist SAP S/4 Hana inzwischen ein relativ stabiles Produkt, doch fehlt es auf Seiten der Beratung häufig an einem adäquaten technischen Hintergrund, um etwaige Gaps und Risiken zu managen. Dies macht sich insbesondere in neueren Funktionalitäten, z.B. der Planung und dem BI-Umfeld, der Integration von EWM in S/4 oder den Fiori-Applikationen bemerkbar.
4. Überoptimistische Projektplanung
Anstatt einer gründlichen Projektplanung mit einem kleinen Team von erfahrevnen Beratern werden Projekte mit unerfahrenen Beratern gefüllt, eine Quote von drei Junioren pro Senior ist hierbei nicht ungewöhnlich. Um das Budget in einem verantwortbaren Rahmen zu halten, entstehen so schnell überoptimistische Projektpläne. In der Konzeptionsphase eines Projektes sollten Prozesse geklärt und kritische Themen beseitigt werden. Geschieht dies nicht, droht eine Schieflage, die sich in der Regel spätestens während der Realisierungsphase bemerkbar macht.
5. Entscheidungsparalyse
Kostendruck und mangelnde Ergebnisse im Projekt führen oft zu einer Entscheidungsparalyse. Harte Entscheidungen, wie z.B. eine Neuorientierung im Prozessfokus oder gar der Austausch des Beratungsunternehmens, sind schwierig. Das gilt insbesondere dann, wenn sich das Management vorher auf den Beratungspartner vertrauensvoll festgelegt hat. Das Projekt kann nun zu einem kostspieligen Selbstläufer werden.
Was sollte ein Interim Manager mitbringen, um diese Risiken zu minimieren?
Die Leitung eines SAP S/4 Hana Projekts erfordert eine Führungskraft mit besonderen Eigenschaften: Prozesserfahrung, SAP-Kenntnisse und Bereitschaft zur Kommunikation auf allen Ebenen. Grundsätzlich kann dies durch eine interne Führungskraft gleistet werden. Diese sind, wenn vorhanden, aber in der Regel nicht frei verfügbar. Einerseits muss sich ein Interim Manager zunächst mit dem Unternehmen und seinen Stakeholdern vertraut machen. Andererseits kann aber auch gerade seine Unabhängigkeit ein großer Vorteil sein. Erfolgsgarantie oder Allheilmittel gibt es aber in SAP-Projekten nicht. Ohne ein klares Mandat gegenüber internen Stakeholdern und externen Beratungspartnern wird niemand ein Projekt zum Erfolg führen können – auch kein noch so guter Interim Manager.
Was leistet ein Interim Manager als Projektleiter?
Ein Interim Manager sollte als kundenseitiger Projektleiter eingesetzt werden. Er greift aktiv in das Projekt ein, steuert es proaktiv und hilft Ihnen vor allem, Prozesse zu klären und Ihren Beratungspartner zu kontrollieren:
- Prozessdefinition
Die Klärung kritischer Themen ist ein Vollzeitjob, der auch eine gute Portion Hands-On Erfahrung benötigt. Prozesskenntnisse und IT-Know-how sind dabei ebenfalls essenziell. - Partnerauswahl
Neben einer genauen Prozessdefinition ist der qualifizierten Partner der entscheidende Faktor für den Erfolg. Unter anderem wird er die Industrieerfahrung, Referenzkunden, aber auch die Eigentümerstruktur einer Beratung sehr genau prüfen. - Brücke zwischen IT und Fachabteilung
Häufig ist der Austausch zwischen Fachabteilung und IT unzureichend. Verhärtete Fronten sind keine Seltenheit. Ein Interim Manager kann als unabhängiger Mittler zwischen IT, Fachabteilungen und Management agieren. Ohne eine reibungslose Kommunikation dieser Stakeholder ist ein erfolgreiches Projekt praktisch ausgeschlossen. - Aufbau informeller Strukturen und erste Prototypen
Vollständige Prozessaufnahme oder Abbildung der Standardprozesse in SAP – diese Diskussion ähnelt dem Henne-Ei-Problem. Ein Unternehmen tut gut daran, Prozessentwicklung und standardisierte SAP-Prozesse in einem Prototypen zu kombinieren. Durch die Führung eines solchen agilen Projektes kann der Interim Manager Prozessexperten ausbilden, Ideen auf den Prüfstand stellen und SAP-Prozesse validieren. Gelingt dies, ist es der entscheidendste Beitrag zur Risikominimierung und Kostenoptimierung des Gesamtprojektes. - Intelligentes Change Management
Sobald die Prozesse in Grundzügen klar sind, kann auch mit Fachabteilungen das Change Management konstruktiv begonnen werden. Erst dann werden Rollen und damit verbundene organisatorische Änderungen greifbar. Häufig verbrauchen Firmen gerade in diesen weichen Themen unnötig viel Budget. - Steuerung des Beratungspartners
Es gehört viel Erfahrung dazu, ein versiertes Beratungshaus zu steuern. Ein Interim Manager kann bei der Auswahl helfen und darüber hinaus als Quality Gate für externe Berater fungieren. - Unterstützung der Entscheidungsprozesse
In kritischen Situationen greift ein Interim Manager nicht nur auf seinen Erfahrungsschatz zurück, er profitiert auch von seiner Unabhängigkeit. Auch ein gestandener CEO oder CIO benötigt hier Unterstützung.
Solche Maßnahmen können ein Millionengrab verhindern. Indikatoren für in Schieflage geratene Projekte sind fehlende detaillierte Fachkonzepte, mangelhafte Prototypen, Widerstände aus den Fachabteilungen und frustrierte IT-Abteilungen. Prozesslücken offenbaren sich, kritischen Themen tragen den berühmten „80 Prozent fast abgeschlossen“-Stempel, technische Probleme häufen sich.
Neben Lidl gehören auch die Deutsche Bank, Edeka, der Otto-Konzern und die Deutsche Post zu den prominentesten Opfern fehlgeschlagener Projekte. SAP hält hier keinesfalls ein Monopol. Zahlreiche Einführungen anderer ERP-Produkte sind ebenso hart, aber weniger spektakulär gescheitert.
Ein kompetenter Interim Manager hilft Ihnen, genau diese Klippen zu umschiffen und das Projekt zum Erfolg zu führen. Die Gründe liegen auf der Hand: Neben hoher fachlicher Erfahrung und SAP-Know-how profitiert ein Interim Manager weder an Projektumsatz noch an der Anzahl platzierter Berater.
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