Auf der Suche nach dem Pfad der Tugend
, von Rayk Jakobi (Bridge imp)
Liebe Fußballfans: ich werde keine Worte finden, um Euch Trost zu spenden für das verlorene Halbfinale. Dieser Dolch der Niederlage steckt bei jedem zu tief und jeder muss ihn sich selber wieder rausziehen. Ich tue es, indem ich die letzten Jahre und den Turnierverlauf Revue passieren lasse und meine Gedanken öffentlich mache.
Bitte, liebe Kritiker und Nicht-Fußball-Fans, eines muss ich noch vorweg sagen: ja, stimmt – ich bin mehr oder weniger auch einer von diesen etwa 80 Millionen Nationaltrainern in Deutschland, die nach jedem verlorenen Spiel schlauer sind als Jogi. Und so kurz nach dem Spiel den Emotionen freien Lauf zu lassen, wird wohl auch keine differenzierte Einschätzung der Dinge ermöglichen. Aber dennoch, lasst uns mal genauer hinschauen, was da schon wieder passiert ist. Und: ich leide! Und: ich will ja nur verstehen.
Deutschland ist jetzt im vierten Turnier nacheinander im Halbfinale ausgeschieden. Besonders frustrierend ist, dass wir noch immer ein riesen Potential im Team haben. Scheinbar sind wir aber an uns selber gescheitert?
Ich erinnere mich noch an die Europameisterschaften von 2000 und 2004 (jeweils Vorrunden-Aus). Gut, dazwischen gab es noch ein WM-Finale, dass wir fast unglücklich gegen Brasilien verloren haben. Aber mit etwas anderem rechneten wir – glaube ich mich zu erinnern – damals auch fast nicht. Denn wir waren nach 1990 und 1996 und den Jahren davor satte, verwöhnte Fans und dementsprechend fassungslos über die Leistungen unseres Nationalteams.
Und dann kam 2006. Was passierte da?
Nun ja, wir wissen es alle. Jürgen und Jogi haben den deutschen Fußball nahezu revolutioniert. Zu den Tugenden Kampfgeist, Konsequenz, Härte und Disziplin kamen plötzlich und für die Gegner total überraschend neue hinzu: das Überraschungsmoment, die Spritzigkeit, das raubtier- und überfallartige Angriffsspiel, das Millionen Fans berauschte. Wir waren verblüfft, wie die jungen Wilden die Gegner nachhaltig und auch in den Jahren danach, beispielsweise Argentinien in 2010 (4:0!), überrannten. Auch die Welt war begeistert, auch begeistert von den lauten Fans, denn die Deutschen gelten doch eigentlich manchmal als steif, prüde und humorlos. Weit gefehlt: wir haben unsere Begeisterung in den Turnieren danach bis zur Perfektion weiter entwickelt (public viewing, Fahnen an unseren PKWs etc.).
Und dann kam 2012.
Waren unsere Gegner vorbereitet? Natürlich – wie immer. Dennoch: wir Fans wussten es und waren überzeugt, dass auch diesmal die Mischung aus alten und neuen Tugenden uns zum Siegen verhelfen wird, uns sogar den Turniersieg bringen kann.
Wenn ich mir jetzt mal die gesamten Spiele dieses Turnieres anschaue, habe ich aber das Gefühl, dass wir diesen Pfad verlassen haben. Warum?
Die Nationalmannschaft erhielt in den letzten Jahren nahezu regelmäßig vom Trainer eine Frischzellenkur, indem er zwar gute aber ausgediente Spieler (Ballack, Frings), die doch eigentlich in eine Nationalmannschaft gehören, durch tolle, junge Talente ersetzte. Dies, um das Erfolgsrezept weiter zum Zuge kommen zu lassen und Ansätze von Trägheit und „Ball-Quer-Geschiebe“ tunlichst zu vermeiden.
Die Mannschaft hat sich aber bereits im ersten Spiel dieses Turnieres aus meiner Sicht nicht unbedingt mit Ruhm bekleckert. Ich weiß, man ist nur so stark, wie der Gegner es zulässt und die Leistungsdichte ist bei einer Europameisterschaft immens groß. Und Jogi machte ja scheinbar alles richtig, denn wir gewannen ja dann auch gegen Holland und auch gegen die beeindruckenden Dänen.
Die Frage ist nur: wie? Waren es nicht eher Verlegenheitssiege? Und vor allem: warum haben wir gewonnen? Und auch die Griechen geschlagen? Genau aus nur einem Grund: weil Jogi es geschafft hat, der Mannschaft hin und wieder solche Impulse zu geben, die dem spielerischen Element gut getan haben. Spieler wie Reus, Klose, Schürrle, Götze haben dem Team und vor allem unserem kreativen Spielmacher Mesut Özil geholfen, weil er mit seinen kreativen Ideen auf dem Platz Partner gefunden hat, die in der Lage waren, diese auch umzusetzen, die auch in der Lage waren, selber Akzente zu setzen und dem Gegner das Fürchten zu lehren. Aber eben nur hin und wieder.
Und dann kam Italien.
Und mein Bauchgefühl, das sich im Laufe des Turniers zum Unwohlsein weiter entwickelte, hat sich beim Anblick der Aufstellung und während der unmittelbaren Phase nach dem 0:2 bestätigt. Erst nach der Halbzeitpause besann man sich eines Besseren. Aber das reichte nicht, schon gar nicht gegen die abgebrühten und großartigen Italiener. Irgendwann nach der 60. Minute verloren wir dann alle die letzte Hoffnung, die wir definitiv auch nach dem Rückstand immer hatten. Denn wir wissen, was wir können.
Was lernen wir daraus: diese Fehler dürfte man eigentlich spätestens 2014 nicht mehr machen. Davon abgesehen muss natürlich bei einem Turnier auch immer alles zusammen passen, damit man gewinnt. Es bleibt aber das Gefühl, dass man es hätte schaffen können, dieses Mal. Also auf geht’s Jungs: beim nächsten Mal machen wir es besser! Lasst die Gegner wieder vor Ehrfurcht erschaudern, denn wir können das! Wir haben es auch in diesem Turnier bewiesen…nur nicht immer. Aber das verlangt auch keiner: Ihr seid keine Übermenschen. Aber Ihr könnt es definitiv besser! An Begeisterung bei Euren Fans wird es auch 2014 nicht mangeln!
Fehlt nun nur noch ein letzter Hinweis in eigener Sache. Schließlich sind wir hier nicht auf einer DFB-Fan-Seite, sondern auf der Homepage von Bridge imp: Eine Frischzellenkur kann auch einem Management gut tun. Ein Unternehmen, das sich auf einem guten Weg befindet, kann immer ins Stocken geraten und manchmal auch ratlos sein. Wenn in dieser Situation Erfahrung, Wissen, Managementkompetenz oder einfach eine neue Idee oder Überzeugungsstärke gebraucht wird, um die Maschine wieder zum Laufen zu bringen, kann ein Interim Manager sehr hilfreich sein. Denn er kennt sich mit solchen Situationen aus, hat diese mehrfach erfolgreich gelöst. Manchmal wundert sich dann die Mannschaft, wie gut es getan hat, einmal von einem Außenstehenden zu hören, was man anders machen kann. Dabei bekommt sie vom Interim Manager auch das Gefühl vermittelt, dass sie selber es war, die den Pfad der Tugend wieder gefunden hat. Der Interim Manager selber hat sich damit überflüssig gemacht und geht wieder. Was bleibt, ist der Erfolg!
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