Corona und KMU: Mit HR-Lösungen durch die Krise
, von Jens Quentin (Bridge imp)
Die Euro 2020 wird verschoben. VW stoppt die Produktion in ganz Europa für mehrere Wochen. Der DAX rauscht schneller ins Bodenlose, als Broker „verkaufen!“ rufen können. Fluggesellschaften befinden sich im freien Fall. Ab Montag sind Notfallkredite für Firmen verfügbar. Spätestens jetzt ist klar: Die Corona-Pandemie setzt die Wirtschaft enorm unter Druck. Dagegen wirkt die globale Finanzkrise von 2008 bereits jetzt wie ein Kindergeburtstag. Große Dickschiffe der deutschen Wirtschaft sind vermutlich sicher. Sie sind grundsätzlich „too big to fail“ (deutsch: „zu groß zum Scheitern“), in anderen Worten: zu wichtig, um Pleite zu gehen. Aber wie sieht es mit dem deutschen Mittelstand aus? Welche Maßnahmen sind aus HR-Sicht nun notwendig, um die Krise zu überstehen? Wie halten KMU mit Hilfe von erfahrenen Kapitänen dem Sturm stand?
Quellen: www.tagesschau.de: VW stoppt Produktion in Europa; www.sueddeutsche.de: EZB beschließt Notfallprogramm über 750 Milliarden Euro
Tipps der HR-Experten für KMU
Wir haben 2 erfahrene Personaler befragt, welche Schritte jetzt die richtigen sind und warum externe Hilfe das Unternehmen in Krisenzeiten retten kann.
- Michael Koid hat langjährige Berufserfahrung als Geschäftsführer und HR-Manager in den Branchen IT-Dienstleistungen, Maschinenbau und Handel.
- Jörg Rischke ist als erfahrener HR-Manager auf die Restrukturierung von Personalbereichen und die Umsetzung großer Veränderungsinitiativen spezialisiert.
Wo sehen Sie bezüglich der Coronavirus- Entwicklung die größten Herausforderungen für HR-Abteilungen?
Michael Koid: HR muss in einer Krisensituation „Fels in der Brandung“ und professioneller Berater der Geschäftsführung sein, damit rationale Entscheidungen auch unter Einbeziehung der Interessen der MitarbeiterInnen getroffen werden können. HR fungiert als Schnittstelle zwischen Unternehmensleitung und Arbeitnehmervertretung und koordiniert alle erforderlichen personellen Maßnahmen, damit wichtige Unternehmensprozesse während der Krise am Laufen gehalten werden können.
Jörg Rischke: Zum einen in der Notwendigkeit, kurzfristige und nur begrenzt absehbare Entscheidungen der Geschäftsführung umzusetzen. Zum anderen darin, den Mitarbeitern Perspektive zu geben und zu versuchen, eine Nachvollziehbarkeit der getroffenen Entscheidungen zu erreichen. Die Beratung der Geschäftsführung in der Risikoabwägung ist ebenfalls ein wichtiger Aspekt.
Was sollten vor allem mittelständische Unternehmen in dieser Situation beachten?
Rischke: Die Kurzfristigkeit der Krise sollte durch eine langfristige Sichtweise ergänzt werden. Welche Auswirkungen hat dies auf das Unternehmen? Auf die Mitarbeiter? Welche wirtschaftlichen Konsequenzen? Werden aus wirtschaftlichen Gründen möglicherweise weitere Maßnahmen notwendig?
Gerade bei mittelständischen Unternehmen ist HR stark abwicklungsorientiert. Häufig wird HR die notwendige Rolle gar nicht spielen können. Hier gilt es, nichts einzufordern, was von den vorhandenen Kompetenzen her einfach nicht leistbar ist. Hier müssen Zwischenlösungen gefunden werden.
Koid: Zur Aufrechterhaltung eines reduzierten Betriebsablaufs sollten Notfallteams gebildet werden. Ermöglichen von Homeoffice, Abbau von Urlaub und Überstunden, aber auch Kurzarbeit sind erste Maßnahmen, die schnell umgesetzt werden können. Dabei ist wichtig, dass ein schnelles Wiederanlaufen aller Unternehmensabläufe nach der Krise gewährleistet ist. HR sorgt für einen reibungslosen und koordinierten Ablauf aller Maßnahmen unter Berücksichtigung von arbeitsrechtlichen und kommunikativen Aspekten.
Welche Fähigkeiten und Erfahrungen sind bei HR-lern in dieser Krise wichtig?
Rischke: Zunächst einmal eine hohe Glaubwürdigkeit und Authentizität. Erfahrungen in krisenhaften Situationen (z.B. Merger, Restrukturierung, Personalabbau, Standortschließung) sind ebenfalls hilfreich. Die Fähigkeit, mit einer Hands-On-Mentalität schnell zu handeln, ist ebenso wichtig wie der direkte emotionale Kontakt zu den Mitarbeitern. In einer solchen Krise ist Leadership gefragt.
Danach trennt sich die Anforderung sehr stark nach Situation des KMUs:
- Viele Firmen werden die Situation abfedern und de facto die Sommerpause vorziehen. Hier geht es darum, zu versachlichen und möglichst niedrigschwellige Lösungen zu finden. Dabei gilt immer, die Mitarbeiter mit einzubinden.
- In anderen Firmen wird der Umsatzausfall nicht ohne Einschnitte zu verkraften sein. Hier ist Handlungsschnelligkeit und Kreativität gefragt. Gemeinsam mit der Geschäftsführung muss trotz großer Unsicherheit entschieden werden. Die Gefahr liegt darin, weiter auf neue Informationen zu warten statt aktiv zu werden.
Koid: Neben der fachlichen Qualifikation sollten Personaler über ein hohes Maß an Fingerspitzengefühl verfügen. HR darf nicht als verlängerter Arm der Geschäftsführung wahrgenommen werden, wenn unpopuläre und für MitarbeiterInnen unangenehme Entscheidungen umgesetzt werden müssen. Hier ist auch die psychologische Kompetenz des Personalers gefragt. Langjährige Berufserfahrung, insbesondere in Krisensituationen mit Personalabbau, ist unabdingbar.
Wieso ist ein Interim-Personaler in diesen Krisensituationen eine gute Lösung/Unterstützung?
Koid: Interim HR Manager sind in der Regel Personen mit einer langjährigen Berufserfahrung, die in schwierigen Situationen die Ruhe bewahren, schnell und trotzdem überlegt sachlich fundierte Entscheidungen treffen. Sie stehen zudem in keiner unternehmensinternen Abhängigkeit zu Arbeitnehmervertretungen und/oder MitarbeiterInnen, was für die Umsetzung von personellen Einzelmaßnahmen von Vorteil ist. Interim Personaler haben in der Regel bereits in mehreren Unternehmen verschiedener Branchen gearbeitet und können sich daher auf neue Gegebenheiten rasch einstellen. Sie sind nicht betriebsblind.
Rischke: Besonders in Situationen, in denen zu der Coronavirus-Krise eine wirtschaftliche Krise hinzukommt und der HR-Bereich abwicklungsorientiert besetzt ist, werden im Unternehmen notwendige Kompetenzen fehlen. Da die Krise zeitlich absehbar ist und schnell reagiert werden muss, bietet sich Unterstützung durch einen Interim HR Manager an.
Weitere Infos und Beiträge rund um die Themen Krisenmanagement und HR bei KMU finden Sie hier:
Das Coronavirus und die Wirtschaft – Erste Hilfe für KMU
HR 2020: Traut euch!
Interim Management: Personal/ Human Resources
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