Die Ökonomie des Vertrauens
, von Johannes Frey (Interim Manager)
Oftmals wird jede Diskussion, in der es sich um Werte, Kultur oder schlicht Vertrauen im Geschäftsleben dreht, als „Töpferkurs“ oder „Halbesotherik“ abqualifiziert. Das ist mitnichten so. Werte – und hier insbesondere Vertrauen – sind nicht weich, sondern ökonomisch messbar und von einer besonderen Relevanz für die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens.
Eine Unternehmenskrise beispielsweise ist mit einem massiven Verlust von Vertrauen bei Investoren/Gesellschaftern, Banken, Mitarbeitern, Kunden und Lieferanten verbunden, die alle Unternehmensaktivitäten lähmt. Das Management ist mit der Kommunikation mit Banken, Kunden und Lieferanten sowie der Erstellung zusätzlicher Unterlagen beschäftigt. Entscheidungen verzögern sich, weitere Meetings und Erklärungen werden gefordert – die Zeit wird knapp. Zeitgleich sind die Mitarbeiter damit beschäftigt, die Situation auf dem Flur zu diskutieren, die Arbeit und die Kunden kommen dabei zu kurz, Verunsicherung und Frustration nehmen zu. Die Effizienz des Unternehmens nimmt ab, die Kosten steigen, die Zeit verrinnt.
Doch auch Unternehmen, die sich nicht in einer unternehmerischen Ausnahmesituation befinden, sind auf eine vertrauensbildende Führung angewiesen: Schließlich soll das Unternehmenswachstum vorangetrieben und die entscheidenden Vorteile bei der Entwicklung neuer Produkte, der Umsetzung von Maßnahmen und der Optimierung von Kosten glaubhaft kommuniziert werden. Somit gilt auch hier: Vertrauen wirkt sich positiv auf Schnelligkeit und Kosten aus.
Denn eine vertrauensvolle Zusammenarbeit verringert Transaktionskosten bei der Anbahnung von Verträgen, weil Prüfkosten aber auch Kontrollkosten niedriger aus-fallen. Gleiches gilt für den Zeitaufwand, der für die Anbahnung und Abwicklung einer Transaktion notwendig ist. Die Geschwindigkeit nimmt also in dem Maße zu, in dem die Wirkung einer vertrauensvollen Zusammenarbeit z.B. zu geringeren Kontrollen und verkürzten Vertragswerken führt.
Dabei ist Vertrauen nicht nur eine ethische Frage nach Ehrlichkeit und Integrität, sondern beinhaltet auch den Aspekt der Kompetenz. Denn einem noch so honorigen und integren Hausarzt ist nur eingeschränkt eine komplizierte Gehirnoperation zuzutrauen. Es ergibt sich also die folgende Formel:
Integrität + Kompetenz = Vertrauen
Integrität besteht aus den Komponenten Selbstbewusstsein und Motiv. Kompetenz setzt sich aus Fähigkeit, Fertigkeiten, Ergebnissen und Erfolgen zusammen. Es ge-nügt nicht, nur ehrlich zu sein um Vertrauen zu gewinnen. Es ist zudem notwendig, die auf den eigenen Fähigkeiten beruhenden Erfolge und Ergebnisse der Arbeit darstellen zu können.
Für eine neue Führungskraft, gleich ob interimistisch oder fest angestellt, gilt es in kürzester Zeit ein Vertrauensverhältnis zu den Kollegen und Mitarbeitern aufzubau-en. Wie kann das systematisch bewerkstelligt werden? Mit einem angenehmen und netten Umgang allein ist es jedenfalls nicht getan. Am besten stellt man sich Vertrauen als ein Konto vor, das mit einem gewissen Vorschuss zu Beginn einer Beziehung im Plus steht. Nun gilt es, stets mehr einzuzahlen als abzuheben, damit das Konto im Plus bleibt und im Wert steigt.
Folgende Grundregeln sollten beherzigt werden:
- Ehrlich sein
- Respekt zeigen
- Transparenz schaffen
- Ergebnisse liefern
- Erwartungen klären
- Zuhören und Verstehen, erst dann Handeln
- Versprechen einhalten
Ob gerechtfertigt oder nicht – kommt es im Unternehmen zu einer Krise, wird meis-tens das alte Management für die Situation verantwortlich gemacht. Da in Ausnah-mesituationen schnelle Lösungen gefragt sind, ist der Einsatz eines Interim Mana-gers die richtige Konsequenz. Denn dieser ist es gewohnt, mit außergewöhnlichen Situationen konfrontiert zu sein, in denen Schnelligkeit und konsequentes, qualifiziertes Handeln zu Erfolgsfaktoren werden. Ein Interim Manager kann in sehr kurzer Zeit zum einen verlorenes Vertrauen in die Kompetenz und Handlungsfähigkeit zum anderen Vertrauen in die Integrität der Handelnden zurückgewinnen. Das alte Management wird es hier deutlich schwerer haben und auch viel mehr Zeit benötigen.
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