Sind die fetten Jahre vorbei? - Eine Einschätzung für 2014
, von Dr. Peter Klausmann (Interim Manager)
„Die deutsche Konjunkturlokomotive kommt unter Dampf", erklären Experten um Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn und erwarten 2014 ein deutliches Wachstum. Doch andererseits: „Die notwendigen Anpassungsprozesse dämpfen bis auf weiteres noch die wirtschaftliche Entwicklung“, so das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Ja, was denn nun?
Aktuell lassen sich folgende gesellschaftliche Trends beobachten:
- Kommunikation: Die neuen technischen Kommunikationsmöglichkeiten und zugleich die steigende Bereitschaft, diese auch zu nutzen, werden die Menschen zukünftig noch enger zusammenführen. Neue und effizientere Arten der Kooperation und des gegenseitigen Austauschs werden dadurch möglich. Über eine einheitliche Sprache (derzeit Englisch) relativieren sich kulturellen Differenzen. Auch wenn es noch einige Zeit dauert, die Menschheit findet zusammen.
- Technisierung: Moderne Technologien werden den hintersten Winkel des Alltags durchdringen. Die Grenze zwischen Mensch und Maschine wird mehr und mehr verschwimmen. Künstliche Intelligenz und Cyborgs werden Alltag. Beispiel: Das mit riesigen Budgets unterlegte europäische „Human Brain Project“, bei dem ein virtuelles menschliches Gehirn aufgebaut wird.
- Spiritualisierung. Die sich anbahnende Postwachstumsgesellschaft - bedingt durch die sich verknappenden Ressourcen - kommt wieder zu den ursprünglichen Dingen zurück. Sie pflanzt ihr Gemüse selbst, berichtet dann aber darüber per Smartphone auf einer Social Media Plattform. Wissens- und erfahrungsbasierte Religionen und meditative Systeme haben starken Zulauf. Moderne Werte wie Sinn, Mitbestimmung und Transparenz setzen sich auf politischer und unternehmerischer Ebene durch.
Wohin also geht die Reise in diesem Jahr für viele Branchen? Der Trend zur dauerhaften Veränderung und schnellen Weiterentwicklung erfordert von den Unternehmen hochflexible Strukturen. Gewinner ist stets derjenige, der sich am schnellsten an die neuen Anforderungen anpasst.
Hier einige Trends exemplarisch ausgewählter Branchen:
- Die ITK-Branche zählt traditionell zu den innovativsten Geschäftsfeldern, fortschreitende technische Entwicklungen sind deren Lebenselixier. Für die Bereitstellung „intelligenter“ Technologien wird es – auch in einer Postwachstumsgesellschaft - weiterhin immensen Bedarf geben. In allen Bereichen wie Produktion, Logistik, Kommunikation, Unterhaltungsindustrie, usw. wird der Bedarf an informationsverarbeitenden Strukturen eher wachsen. Für die ITK-Branche ergeben sich somit auf lange Sicht unendlich viele Chancen. So werden im Zuge des aktuellen NSA-Skandals neue Anforderungen an den Datenschutz und eine Neudefinition des Internets diskutiert. Doch wie immer bei Innovationen wird es keine lineare, sondern eine iterative Entwicklung mit Rückschlägen sein. Die fetten Jahre sind nicht vorbei! Allerdings haben es Marktteilnehmer mit strukturellem Übergewicht und geringer Flexibilität schwer. Ein hoher Wettbewerbsdruck und die Suche nach neuen Wachstumstreibern zwingen viele Unternehmen dazu, ihre Geschäfte zu rationalisieren und konsolidieren.
- Die Aussichten für die Automotive-Branche sind insgesamt gut, jedoch entwickeln sich die Märkte unterschiedlich. In Europa herrscht ein starker Verdrängungswettbewerb. Um dort bestehen zu können, müssen Kosten reduziert werden, was insbesondere die Zulieferbetriebe zu spüren bekommen. Verlagerungstendenzen Richtung Osteuropa sind die Folge. Günstigere PKWs aus Asien oder Amerika heizen zusätzlich den Wettbewerb an. Auch hier gilt: Die Hersteller selber werden im globalen Wettbewerb nur mit Innovationen bestehen können. Trends wie Brennstoffzellen, Leichtbauweise, intelligente Vernetzungen mit Unterhaltungselektronik etc. sind nur einige Beispiele für zukunftsfähige Entwicklungen. Die Chancen sind nach wie vor vielseitig und groß.
- Die Pharmabranche sieht generell mit Zuversicht auf das Jahr 2014: Während in den vergangenen Jahren die Unternehmen kaum Wachstum generieren konnten, in Europa die Erlöse aufgrund von ablaufenden Patenten, steigender Konkurrenz durch Generika und staatlichen Eingriffen sogar schrumpften, sorgt nun die wachsende Nachfrage nach Medikamenten in den Schwellenländern Brasilien, Russland, Indien oder China für neuen Schwung. Denn dort nehmen als Folge des steigenden Wohlstands Krankheiten wie Diabetes, Bluthochdruck oder Krebs zu. Dennoch setzt sich der Konsolidierungsprozess in der globalen Pharmaindustrie mit hohem Tempo fort. Vor allem der wachsende Konkurrenzdruck von Seiten der Generika-Hersteller zwingt die forschenden Konzerne zu verstärkten Investitionen in ihre Produktpalette.
- Die Handel- und Konsumgüterbranche rechnet für 2014 mit einem moderaten Wachstum von 1,5%, steht allerdings vor einer Vielzahl von Herausforderungen, wie ein verändertes Konsumverhalten, Überkapazitäten, Multi-Channel, Konsolidierung und ein hoher Margendruck. Das Rezept für Wachstum lautet hier Innovation und verstärkte Kundenorientierung. Das Internet ist dabei Fluch und Segen zugleich. Soziale Netzwerke, Diskussionsforen und der Trend zum Mobile-Shopping via Smartphone verändern einerseits das Konsumentenverhalten, bieten aber andererseits gerade den Konsumgüterherstellern auch einen direkten Zugang zu ihren Zielgruppen.
2014 kann somit ein gutes Jahr werden, vorausgesetzt die Unternehmen machen ihre Hausaufgaben. Konsolidierungs- und Kostendruck sowie ein steigender Verdrängungswettbewerb sind aktuelle Herausforderungen, auf die es branchenübergreifend Antworten zu finden gilt. Nur die Unternehmen, die sich innovativ, flexibel und anpassungsfähig zeigen, werden im Roulette der globalen Wirtschaft mitspielen und sich behaupten können.
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