Die Finanzierung als große Herausforderung im Russland-Geschäft
, von Michael Fritzsche (Interim Manager)
Meine aus vielen Tätigkeitsjahren in Russland gesammelte Erfahrung: Der russische Kunde ist anspruchsvoll, er weiß sehr genau, was er will und stellt hohe Anforderungen an die Qualität eines Produktes. Er ist in aller Regel auch bereit für die gewünschte Spezifizierung und Qualität einen guten Preis zu bezahlen.
Doch genau hier beginnt das eigentliche Problem: Nach vielen Verhandlungsrunden über die technische Spezifikation des Produktes schließt sich in den meisten Fällen die fast noch kompliziertere und längere Verhandlung darüber an, wie denn der Kauf finanziert werden soll. Die potentiellen Nachfrager von Investitionsgütern verfügen häufig nicht über die erforderlichen finanziellen Mittel bzw. entsprechende Sicherheiten.
Dies unterstreicht die Tatsache, dass der Löwenanteil an Russlands Auslandsschuld aus Finanzierungen für Investitionen herrührt; die Staatsschuld ist - nicht zuletzt aufgrund der Einnahmen aus dem Öl- und Gasexport - im Vergleich dazu verschwindend gering. Das Russlandrisiko hat sich über die Jahre von der föderalen Ebene zunehmend auf die Unternehmen verlagert.
Der private Sektor leidet unter einer geringen Kapitaldecke und beschränkten Finanzierungsmöglichkeiten. Deshalb suchen viele westliche Lieferanten für die Markterschließung und Umsatzsteigerung nach Möglichkeiten der Absatzfinanzierung.
Die Datenbasis für werthaltige Bonitätsaussagen über die Kunden ist allerdings häufig noch dünn und die nach westlichem Standard für eine Finanzierungsentscheidung übliche Kreditwürdigkeitsprüfung mit vollständiger Offenlegung der finanziellen Verhältnisse und Eigentümerstrukturen stößt beim Kunden nicht immer auf ungeteilte Zustimmung.
Vor diesem Hintergrund sind insbesondere ausländische Lieferanten äußerst vorsichtig und legen großen Wert auf eine sichere Finanzierung ihrer Exporte nach Russland. Es gilt, das Risiko so überschau- und beherrschbar wie möglich zu halten.
Und in der Tat gelingt es russischen Unternehmen zunehmend die Anforderungen an Bonität und Transparenz zu erfüllen. Eindeutiger Beweis dafür ist das - trotz vorsichtiger Risikopolitik - gewachsene Kreditvolumen. Die notwendigen Investitionen werden zu einem erheblichen Anteil über Auslandskredite finanziert.
Viele westliche Unternehmen haben inzwischen eigene Abteilungen oder auch Gesellschaften vor Ort, die gemeinsam mit dem Kunden eine für beide Seiten akzeptable Finanzierung auf die Beine stellen.
Die Einräumung einer Finanzierung für Liefergeschäfte über Besteller- oder Lieferantenkredit ist möglich, wenn das Risiko des Importeurs mit Bankgarantien, Bürgschaften und Kreditversicherungen beherrschbar wird. In den meisten Fällen sind die dafür notwendigen Verhandlungen sehr zeitaufwendig und es bedarf oft vieler Gespräche bis alle Beteiligten handelseinig sind. Mitunter sind Unternehmen auch bereit, kleine Risiken als eine Art Vertrauensvorschuss einzugehen.
Interim Manager können gerade bei diesen Finanzierungsthemen wertvolle Hilfestellung leisten. Mit ihrem Erfahrungsschatz und ihrem interkulturellen Wissen um die russische Mentalität können sie eine kommunikative Brücke zwischen Lieferant und Kunde bilden, die Verhandlungen moderieren und helfen, eine zufrieden stellende Lösung für alle Parteien als Basis für eine langfristige Geschäftsbeziehung zu finden.
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