Interim Management – Ein kleiner Einblick in die Praxis
, von Klaus Zuber (Interim Manager)
Wenn ich meinem Bekannten- und Freundeskreis erzähle, dass ich gerade wieder ein Interim-Mandat übernommen habe, werde ich meist gefragt, ob mir das nicht zu mühsam sei, mich immer wieder in neue Arbeitsumgebungen mit anderen Problemen und unterschiedlichen Unternehmenskulturen einzufinden.
Meine Antwort darauf ist dann stets ein schlichtes „Nein“. Sicher, es bedarf vor allem zu Beginn des Interim-Auftrages einer enormen Fokussierung und Konzentration, sich nicht von allen im Unternehmen brachliegenden Problemen vereinnahmen zu lassen und sich entsprechend abzugrenzen. Es ist zwingend notwendig, ganz schnell die wesentlichen Informationen herauszufiltern, klare Prioritäten zu setzen und sich nicht von der Komplexität, die bei Interim-Mandaten immer vorhanden ist, überrollen zu lassen. Nur so kann der so wertvolle „Blick von außen“ erhalten bleiben und in die Problemlösung einfließen. Fachliche und menschliche Kompetenz vorausgesetzt, ist dies ein ganz wesentlicher Vorteil eines Interim Managers. Dass ein Interim-Manager keine Karriereambitionen innerhalb des Unternehmens hat, trägt sicherlich zum Erfolg bei.
Bei einem Interim-Mandat geht es immer um den Projekterfolg. Ich bin stolz, wenn ich einen Projektauftrag zur Zufriedenheit meiner Auftraggeber – und auch des Projektteams – abgeschlossen habe. Mein letzter Auftraggeber zum Beispiel war ein internationaler Technologiekonzern, der Unterstützung benötigte, um ein Joint Venture, das drei Firmen mit unterschiedlicher Unternehmenskultur vereinen sollte, operativ in möglichst kurzer Zeit in Gang zu setzen. Jede Firma war einzeln sehr erfolgreich und genau diese erfolgreiche Vergangenheit erschwerte das gegenseitige Annähern: Es gab nach vielen erfolgreichen Jahren keinen Grund zur Änderung der Vorgehensweisen. Andererseits bestand die Forderung an das neue Joint Venture, die jeweilige „Best Practice“ aufzunehmen und umzusetzen. In der Praxis muss hierbei jedoch erst mal der starre Rahmen aufgebrochen werden („unfreezing“), eine gedankliche Öffnung stattfinden und erst dann kann an der gemeinsamen integrierten Problemlösung („change“) gearbeitet werden (PMI= Post Merger Integration). Hier ist es oftmals zumindest für einen begrenzten Zeitraum auch notwendig, möglichst nach der 80/20 Regel zu arbeiten, um schnell zielführende Aktivitäten umzusetzen. Denn: Perfektionismus bringt nicht jede Situation entscheidend voran.
Der italienische Ökonom Vilfredo Pareto entdeckte bereits um 1900, dass weniger manchmal mehr ist. So erledigt man mit nur 20 Prozent des Aufwandes 80 Prozent der Arbeit. Und heimst damit 80 Prozent des Erfolgs ein. Aber Vorsicht: Es ist nicht sinnvoll, die "80-20-Theorie" zur Grundsatzregel im Job zu erheben. Ein Großteil der täglichen Arbeit erfordert Sorgfalt bis zum Letzten, um wirklichen Erfolg zu bringen. Gerade auch in der Sicherheits-Branche ist oftmals eine nahezu 100-prozentige Aufgabenerfüllung geradezu unabdingbar. Sodann muss der neue Prozess eingeübt und verbessert werden („freeze“). Diese Strategie (s.a. Kurt Lewin, Model of Change) hat sich gelohnt, denn das Projekt ist erfolgreich über die Bühne gegangen, und ich habe von allen Seiten fast nur Lob erhalten. Und dabei – wie bei allen Aufträgen – auch wieder Neues für mich selbst dazugelernt, das ich beim nächsten Einsatz sicherlich gut nutzen kann.
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