Interim Manager im Vertrieb kann ich mir nicht vorstellen, oder doch?
, von Georg Larch (Bridge imp)

Interim Management hat in den letzten Jahren zweifellos an Akzeptanz gewonnen. Viele insbesondere mittelständische Unternehmen profitieren von erfahrenen Experten und Machern und nutzen damit Vorteile, die vor kurzem nur Multis zur Verfügung standen.
Trotzdem gibt es immer noch Vorbehalte. Einer davon ist, dass man sich alles vorstellen kann, aber nicht, einen Interim Manager im Vertriebsbereich einzusetzen. Das ist immer wieder die Aussage bei Kundenbesuchen vor Ort.
Vordergründig gibt es viele Argumente dafür:
- So will man insbesondere in der Kundenkommunikation Stabilität und Verlässlichkeit.
- Jede Branche hat auch seine Eigenheiten und so bezweifeln viele Unternehmen, dass ein Firmenfremder gerade in ihrer Branche kurzfristig Fuß fassen kann.
- Hinzu kommt, dass die Sales-Zyklen in vielen Branchen sehr, sehr lang sind (z.B. Anlagenbau).
Erstaunlicherweise sieht die Praxis anders aus. Theoretisch nicht gewollt, gibt es doch sehr viele Anfragen, die genau das Thema Vertrieb betreffen und viele davon münden in erfolgreichen Anwendungsfällen.
Woher kommt diese Diskrepanz?
Selbstverständlich ist und bleibt Vertrieb eine Kernfunktion eines jeden Unternehmens. Wenn es hier klemmt, dann tut jeder CEO gut daran, nicht wegzusehen. Doch woran merkt man, dass es etwas wirklich nicht in Ordnung ist, wenn man selbst nicht der Experte ist und über ein limitiertes Zeitbudget verfügt? Klassische Themen, wie Krankheit oder Unfall können auch einem Vertriebsleiter passieren. Das sollte aber nicht das Thema sein.
Vielleicht liegt es an der Betrachtungsweise. Interim Manager im Vertrieb verkaufen in der Regel nicht an Endkunden. Durch professionelle Strukturen schaffen sie aber unter anderem die Grundvoraussetzung für schlagkräftige Vertriebsteams. Durch eine frische Sichtweise bringen sie Objektivität in verfahrene Situationen und entrümpeln verkrustete Prozesse, die fördern und nicht behindern. Sie können auch bei der Umsetzung des durch die Digitalisierung notwendigen Kulturwandels im Vertrieb (Stichwort: effektive CRM-Systeme, digitale Kennzahlen-Systeme) helfen, der viel zu langsam vor sich geht und in vielen unserer Kundengespräche ein Thema ist. Die reine Hemdsärmeligkeit ist zunehmend vorbei. Charismatische Vorgesetzte, die ein Team ohne Fundament motivieren, sind nicht mehr en vogue.
Auch Lehre und Forschung ignorieren die Professionalisierung im Vertrieb: Ein ehemaliger Vorstand für Vertrieb und Marketing eines sehr großen deutschen Maschinenbauunternehmens hat mich auf dieses bemerkenswerte Missverhältnis aufmerksam gemacht. Es gibt rund 265 Lehrstühle für Marketing an Deutschlands Universitäten und nur einen für Vertrieb (Lehrstuhl für Vertriebsmanagement und Business-to-Business Marketing an Otto Beisheim School of Management).
Dabei gäbe es gerade im deutschen Mittelstand, der oft global Kunden bedient, genug zu tun. Mögliche Themen wie Pipeline Management, Integration von B2B Marketing und Sales, CRM-Einführung etc. Geht die Einführung von professionellen Strukturen gut, wenn das entsprechende Wissen fehlt und das noch niemand vorher intern gemacht hat? Oder wäre das die ideale Gelegenheit, zukunftsweisende Wege zu gehen – zum Beispiel mit einem externen Experten?
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Kommentar von Olaf Götz |
Auch ich kann mich Ihnen und meiner Vorrednerin nur anschließen - zumal ich mich gerade mit dem Gedanken trage, als Sales-Manager/Account-Manager/Vertriebsrepräsentant "for Rent" (Free Lancer) selbständig zu machen. - Bei vielen KMU´s wird das Thema Vertrieb nur stiefmütterlich behandelt, bzw. nur als lästiger Kostenfaktor behandelt. Verkaufen will man - viel Geld in möglichst kurzer Zeit verdienen will man - aber ausgeben will man nichts. Weshalb viele KMU's gerne auf das hoffentlich bald tot gerittene Pferd "Freier Handelsvertreter" setzen. Weil der ja nichts kostet. Lediglich, wenn es läuft, Provision. Das aber auch Vetrieb, guter Vertrieb vor allem, LEISTUNG ist, möchten die wenigsten aus diesem Bereich akzeptieren. Da wird es eher hin genommen den zigsten "Mitarbeiter" einzuarbeiten, der dann nichts einbringt, was vor allem wichtige Zeit kostet. Zumal, machen wir uns nichts vor, oftmals auch kein Geld (mehr) vorhanden ist, Vertrieb zu realisieren. Denn wenn erst mal der Betrieb steht, und vor allem erst einmal das ach so wichtige GMBH hinter dem Unternehmensnamen auftaucht, ist meist die Kasse knapp. Tja, wir werden sehen wo die Entwicklung in den nächsten Jahren hin geht - zumal man über dieses Thema VERTRIEB und dessen Behandlung in den Unternehmen dicke Bücher füllen könnte. Viele Grüße, Olaf Götz
Kommentar von Nadja Friedrich |
Aus eigener Erfahrung kann ich Ihnen nur beipflichten. Gerade für mittelständische Unternehmen, welche neue Auslandsmärkte erschließen wollen, aber weder über ausreichende Kapazitäten noch über das erforderliche Expertenwissen verfügen, bietet sich der Einsatz von Externen. Dieser ist in der Regel auch deutlich günstiger als der sofortige Ausbau von notwendigen Kapazitäten. Das Unternehmen ist dabei deutlich flexibler: Sollten bspw. die ersten Markt-und Branchenanalysen ergeben, dass der Markteintritt schwierig bzw. das Marktpotential zu gering sein wird, kann sich das Unternehmen problemlos einem anderen Thema/Markt widmen. Bei den ersten Erfolgen in der Markterschließung kann das Unternehmen immer noch seine Kapazitäten ausbauen, bspw. zusätzliche Mitarbeiter einstellen. Viele Grüße Nadja Friedrich