Krisenkommunikation scheiblettenweise
, von Helmut Schwertler (Interim Manager)
Every issue ignored is a crisis invited - Henry Kissinger
Nicht erst seit heute entscheidet ein effizientes Krisenmanagement über die Zukunft von Unternehmen. Aktuell bewegen die Öffentlichkeit einige Ereignisse, die, obwohl ursächlich völlig unterschiedlich, so doch im Ergebnis ähnlich sind. Ganz gleich, ob ADAC- Testfälschungen, Finanzspekulationen mit Kirchengeldern oder strafrechtliches Fehlverhalten von politischen Amtsträgern, sie alle hatten kein Krisenkonzept und haben daher größte Mühe, den entstandenen Reputationsschaden wieder gut zu machen. Oft ist dieser gute Ruf unwiderruflich dahin. Die Unternehmensmarke, meist jahrzehntelang mit hohem Aufwand aufgebaut, ist schnell zerstört. Gerade in Zeiten von Facebook, Twitter & Co. sind die Grenzen zwischen subjektivem oder objektivem Fehlverhalten eines Unternehmens oder einer Einzelperson unscharf geworden. Durch mediale Indiskretionen kommt es schnell zu Vorverurteilungen, deren Folgen kaum abzuschätzen sind, Beispiel Ritter Schokolade oder der Fall Edathy. Wenn Informationen nach dem Auftauchen erster Indizien für ein Problem der Öffentlichkeit zunächst vorenthalten oder nur scheiblettenweise ausgegeben werden, dann spätestens nehmen die Medien Witterung auf, denn wo „Rauch ist, ist auch Feuer“. Die Szenarien ähneln sich, erste Gerüchte, die sich langsam verdichten, die Betroffenen dementieren zuerst, um dann wie bei einem ungleichen Tauziehen Stück um Stück an Boden und an Vertrauen zu verlieren. Oft entsteht der wirtschaftliche oder kommunikative Flurschaden erst als eine Folge von Vertuschungsversuchen oder durch die schlichte Überforderung der Beteiligten. Wie es so schön heisst, man sollte immer einen Plan B haben, also auf Eventualitäten mit einem professionellen Konzept vorbereitet sein. Doch viele Unternehmen benehmen sich wie Tom Cruise in „Mission Impossible“, Fassadenklettern ohne Sicherung. Aber sie sind eben nicht Tom Cruise. Wenn‘s schief geht, dann richtig.
Negative Nachrichten –oder Gerüchte- verbreiten sich eben schneller als Gute. Umso wichtiger ist es, rechtzeitig mit allen Eventualitäten zu rechnen und entsprechende Vorkehrungen zu treffen. Waren die aktuellen Beispiele eher spektakulär, so können auch ganz alltägliche Probleme ungeahnte Kommunikationsfolgen nach sich ziehen. Der Unfall eines Geschäftsinhabers, der darauf ins künstliche Koma versetzt wird, hat bei aller persönlichen Tragik auch noch eine vielfach nicht einkalkulierte Krisenkomponente für das betroffene Unternehmen. Gibt es keine Handlungsanweisungen für diesen oder vergleichbare Fälle, geraten Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten und Gläubiger in eine Situation, die in sehr kurzer Zeit Zweifel am Fortbestehen des Unternehmens aufkommen lässt. Ist das Unternehmen handlungsunfähig im Sinne etwa von Bankvollmachten oder Vertretungsregeln, aber auch hinsichtlich klarer und tragfähiger Statements gegenüber den internen und externen Stakeholdern, verliert es rasch das Vertrauen auf eine erfolgreiche Fortsetzung der Geschäfte. Wo Informationen fehlen, unpräzise oder unprofessionell weitergegeben werden, nehmen Gerüchte oder vielleicht sogar bewusst gestreute Fehlinformationen zu und können schnell die Oberhand gewinnen. Wenn man sich schließlich doch durchringt, verlorenes Vertrauen durch den Einsatz eines externen Profis in Sachen Krisenkommunikation wiederherzustellen, ist es oft fast zu spät. So sind häufig beinahe irreparable Schäden entstanden, die den Unternehmenswert oder den Aktienkurs gegen Null getrieben haben. Auch Mitarbeiter, Kreditinstitute, Einkäufer, Politik oder institutionelle Anleger entziehen dem Malcommunicator ihre Unterstützung. Nur wenn hier eine vollumfängliche Aufklärung und Informationstransparenz glaubhaft betrieben werden, kann verlorenes Vertrauen und damit auch der Kunde zurückgeholt werden.
Ein externer Kommunikationsspezialist - vorzugsweise ein Interim Manager, der ohne langen Vorlauf sofort aktiv wird - verfügt über den notwendigen Erfahrungsschatz, um für jeden individuellen Fall ein passendes Konzept zu entwickeln und umzusetzen. Er wird eng mit dem Management oder übergeordneten Instanzen kooperieren, ohne dabei seine Reputation aufs Spiel zu setzen. Ein Gerichtsverfahren, ein Fehlverhalten des Managements oder eine drohende Insolvenz wird er nicht aus der Welt schaffen können, aber die Dinge mit der richtigen Priorität und unter Einbeziehung aller relevanten Aspekte objektivieren. Und damit ein wichtiges Stück Glaubwürdigkeit, die wirtschaftliche oder individuelle Zukunft der Mitarbeiter retten.
Autor Helmut Schwertler ist Interim Manager und Marketing & Communications Strategy Consultant
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