Open to the public
, von Anton von Rueden (Interim Manager)
Open to the public – Was bedeutet „privat“ für die Generation Facebook?
Der Siegeszug sozialer Netzwerke im Internet ist schon lange nicht mehr aufzuhalten, und so sind Facebook, MySpace, Xing & Co inzwischen für die meisten Menschen nicht mehr aus dem täglichen Leben wegzudenken. 500 Millionen Facebook Nutzer sprechen eine sehr klare Sprache. Welchen Einfluss aber nimmt der neue virtuelle Umgang mit Familie, Freunden, Bekannten und Geschäftspartnern auf das reale Leben? Ändern sich vielleicht gar Definition und Wert von „privat“?
Was heißt eigentlich privat?
Privat (lat.; »(der Herrschaft) beraubt; gesondert, für sich stehend; nicht öffentlich«) bezeichnet Gegenstände, Bereiche und Angelegenheiten, die nicht der Allgemeinheit gehören bzw. offenstehen, sondern nur einer einzelnen Person oder einer eingegrenzten Gruppe von Personen, die untereinander in einem intimen bzw. einem Vertrauensverhältnis stehen.
Im allgemeinen Sprachgebrauch wird privat meist als Gegensatz von "öffentlich" gebraucht. Privat steht dabei stellvertretend für den Begriff "persönlich" oder wird im Sinne von "im vertrauten Kreise" verwendet - nicht für die Öffentlichkeit bestimmt (vgl. DUDEN und wikipedia.de).
Netzwerke sind wichtig, aber wie wertvoll sind Sie im Einzelnen?
Grundsätzlich ist die Einbindung in Netzwerke, welcher Art auch immer, eine notwendige Grundlage für beruflichen Erfolg. Darüber hinaus sorgt die Einbindung in das Netzwerk der Familie und des Freundeskreises seit jeher für soziale Sicherheit und Zufriedenheit.
Die Einfachheit, heute online per Mausklick mit der Familie, Freunden und hunderten von Geschäftspartnern bzw. Kollegen „verbunden“ zu sein, ist der offensichtlich große Vorteil von Online-Netzwerken. Hierin liegt allerdings auch ihre größte Schwäche. Wenn es nun so einfach ist „verbunden zu sein“, was ist der einzelne Kontakt dann noch wert? Wer kann sich schon ernsthaft und aufrichtig für hunderte „Freunde“ interessieren, geschweige denn deren täglichen Aktivitäten folgen?
Ein Beispiel: Was bedeuten Geburtstagsglückwünsche sehr entfernter Bekannter, die ganz offensichtlich ausschließlich die automatische Erinnerungsfunktion eines Netzwerks als hintergründigen Impuls haben?
Was mit wem teilen?
In Zusammenhang mit Sozialen Netzwerken wird viel über persönliche Daten und deren Schutz diskutiert, meist allerdings ist das alles bestimmende Thema der Datenschutz gegenüber der das Netzwerk betreibenden Firma. Facebook erweist sich hier als dankbarer Buhmann.
Völlig unabhängig vom Netzwerk ist allerdings eine ganz andere Frage, die für die Gesellschaft ebenso wichtig, wenn nicht sogar noch entscheidender ist: Was ist wirklich noch privat (intim, persönlich, nicht amtlich/dienstlich/geschäftlich/offiziell)? Wer aus dem unmittelbaren oder entfernten Umfeld soll Kinder-, Familien- und Urlaubsbilder, lustige Beiträge vom alten Schulfreund sowie alle weiteren Freunde im eigenen Netzwerk sehen können? Spätestens hier erweist sich die Bezeichnung „Freund“ als zu eindimensional. Denn wer lehnt die – wenn auch etwas übergriffige – nette Freundschaftsanfrage des Chefs oder des Kollegen aus dem Nachbarbüro tatsächlich ab?
Sieht man sich einmal die typischen Aktivitäten eines Facebook-Nutzers an, dann wird schnell klar, dass eine neue Definition von „privat“ und „Freund“ schon lange gelebt wird. Sehr wenige Nutzer beschäftigen sich ausführlich genug mit den vielfältigen aber sehr komplizierten Datenschutzeinstellungen. Nur Experten richten aufwändig verschiedene Gruppen für das gezielte veröffentlichen von Fotos ein.
Machen Sie einmal den Test als nicht eingeloggter Facebook Nutzer, Sie werden erstaunt sein, wie viel Sie von Ihren Freunden und Kollegen sogar über deren Vorlieben und Freunde in Erfahrung bringen können – diese Informationen sind öffentlich.
Der Standard ist: Facebook Kontakt austauschen = Freunde werden, und dann mit einander verbunden sein und sich gegenseitig auf dem Laufenden halten – über alles.
Automatische Freundschaftsvorschläge vs. eigene Kontrolle
Die eigene Kontrolle über Verbindungen und Freunde geht dabei häufig verloren. Ob Freunde entscheiden, Ihr Netzwerk offenzulegen, oder nur dem eigenen Netzwerk anzuzeigen, kann man nicht selbst bestimmen. Ebenso wenig hat man Einfluss darauf, mit welchen anderen Menschen man gemeinsam in einem Netzwerk von Freunden, Bekannten und Geschäftspartnern geführt wird.
Aus eben diesen Verbindungen errechnen Hochleitungscomputer wiederum potenziell neue sinnvolle Freundschaften und schlagen diese den jeweiligen Nutzern vor. Dieses Feature kann man meist auf der eigenen Seite abstellen, die Kontrolle darüber, wem aus dem nahen Netzwerk man selbst als Freund vorgeschlagen wird, jedoch nicht – denn darum geht es ja schließlich: Ein möglichst großes und relevantes Online-Netzwerk. Wer aber ist sich wirklich darüber bewusst, Vorschlagsmaterial ausgetüftelter Computerprogramme zu sein?
Ein Beispiel: Eine junge Frau hat sich nach zwei gemeinsamen Jahren von Ihrem Partner getrennt. Ihre eigene Verbindung mit ihm auf Facebook hat sie gelöscht. In zwei Jahren intensiver Facebook-Nutzung sind aber jede Menge übereinstimmender Verbindungen aus verschieden Freundeskreisen zusammen gekommen. Offensichtlich kann man keinesfalls kontrollieren, wer da nun mit wem die Freundschaftsverbindung löscht oder beibehält. Gleiches gilt folgerichtig auch für zukünftige Nachrichten und Fotos.
Ähnliche Herausforderungen bei Trennung gab es auch schon vor Facebook & Co, sich wirklich aus dem Weg gehen, ist nun jedoch bedeutend schwieriger bis nahezu unmöglich geworden. Und da die Netzwerkübereinstimmungsprogramme sehr gut funktionieren, wird der jungen Frau aufgrund der Vielzahl gemeinsamer Freunde natürlich umgehend als heißer Tipp ihr Ex-Partner empfohlen …
Aufklärung und Schulung sonst Failbook
Immer wieder kommt es bei der Veröffentlichung von Fotos, Pinnwand-Nachrichten und Instant Messages zu den spannendsten und peinlichsten Ausrutschern. Bei Failbook beschäftigt sich damit inzwischen sogar eine ganze Community. Was und wer sich in einem privaten Umfeld wähnt, findet sich eben doch sehr häufig in der Öffentlichkeit wieder.
Selbstredend ist jeder selbst für seine Taten verantwortlich. Dennoch scheint eine umfassende Aufklärung über mögliche Konsequenzen allzu großzügigen Umgangs mit Daten, Fotos und Kommentaren unbedingt nötig. Besonders junge Menschen sollten bereits früh in der Schule über jegliche Konsequenzen ihres Handelns online aufgeklärt werden. Eine offene Debatte ist allerdings in allen Altersgruppen wünschenswert und dabei darf es nicht nur um reine Datenschutzlehre gehen. Die alte und neue Bedeutung und vor allem der Wert der eigenen Privatsphäre muss diskutiert werden.
Neue Regeln
Über Jahrhunderte hinweg sind vielfältige gesellschaftliche Normen für unseren realen Umgang miteinander entstanden und haben sich ständig weiterentwickelt. Gleiches ist nun auch für den virtuellen Umgang miteinander nötig. Der Deutsche Knigge-Rat hat dazu den Social-Media-Knigge 2010 herausgegeben. Ein guter Ratgeber aber eben auch nur das. Es ist wichtig, sich immer darüber im Klaren zu sein, dass Kontrolle über die Handlungen anderer bzw. deren Einstellung zur Privatsphäre nicht existiert.
Masse oder Klasse?
Online-Netzwerke sind eine bequeme und skalierbare Möglichkeit, Kontakt mit möglichst vielen Menschen zu halten, und in gewissem Rahmen an deren Leben teilzuhaben, Lebenswege zu verfolgen. „Bequem“ und „skalierbar“ allerdings dürfen im Zusammenhang mit Familie, Freundschaften und Geschäftskontakten sicher auch kritisch gesehen werden. Ein sauber geführtes, wirklich persönliches Netzwerk im eigenen Adressbuch online oder auch offline bringt auch ans Ziel und kann dabei um einiges wahrhaftiger sein.
Genauso verhält es sich auch bei guten Interim Management Providern: Kein Programm macht den richtigen Match und gerade die Entscheidung darüber, wer wen kennenlernt und wer mit wem spricht liegt in den Händen von kompetenten Menschen.
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