Restrukturierung: Führen aus dem Bauch statt auf Zahlenbasis?
, von Dr. Thomas Forster (Interim Manager)
Die Unternehmen verlieren den Überblick: Sie haben entweder keine zukunftsfähige Strategie oder wissen nicht mehr recht, welche Konzepte sich am Markt durchsetzen lassen. Es fehlen also Strategien, Kennzahlen, konsequente Planverfolgung und eine transparente Kommunikation. Die Folge: Es wird häufig intuitiv gehandelt. Jedoch stürzt ein bloßes Handeln aus dem Bauch heraus - ohne Plan und Konzept - viele Unternehmen in die Krise.
Was ist der Ausweg? Eine Restrukturierung oder Unternehmenstransformation geht all diese Themen an und versucht, das Unternehmen von einer intuitiven wieder zu einer mehr planvollen und strategischen Vorgehensweise auf Kurs zu bringen.
Schlüsselkennzahlen und Roadmap definieren
Am Anfang einer jeden Restrukturierung steht eine umfassende Analyse, die sich auf Kennzahlen stützt. Viele Unternehmen verfügen über eine Vielzahl interner, relevanter Leistungsdaten, jedoch fehlen bei wichtigen betriebswirtschaftlichen Schlüsselkennzahlen (KPIs) häufig eindeutige Kennzahlen zur Messung der operational excellence:
- Wie wird beispielsweise Liefertreue gemessen?
- Was wird beispielsweise unter 100%-iger Qualitätsleistung verstanden?
Bei einer Restrukturierung ist eine der Kernaufgaben ein Bewusstsein darüber zu schaffen, dass eine gute operational excellence entscheidend für die Kostenposition des Unternehmens und gleichzeitig verantwortlich für eine optimale Kundenzufriedenheit ist. Wesentliche Aussagen zur Kostenposition des Unternehmens lassen sich mit der Entwicklung einer Produktivitätskennzahl treffen. Letztlich sollte am Ende eines Sanierungsprozesses ein belastbarer Business Plan stehen, der all diese Daten entsprechend verarbeitet.
Die unterschätzte emotionale Seite
Wie eingangs erwähnt, werden viele mittelständische Unternehmen häufig aus dem Bauch heraus geführt. Strategische Ziele und eine operative Zielmatrix, die bis auf Abteilungsebene heruntergebrochen ist, existieren in der Regel nicht. Somit können Entscheider ihr Handeln auch nicht nachvollziehbar begründen. Es fehlt die zahlenbasierte, sachliche Grundlage für eine transparente Argumentation und Kommunikation. Dies kann auf Führungsebene zu persönlichen Konflikten führen. Unstimmigkeiten auf der Führungsetage werden oft als Ursache für Unternehmenskrisen unterschätzt.
Für solche Krisen, die auf Konflikte auf der Führungsebene oder im Eigentümerkreis zurückzuführen sind, gibt es nur wenige Lösungsmöglichkeiten: Entweder alle am persönlichen Konflikt Beteiligten ziehen sich komplett aus der Verantwortung zurück oder aber sie ordnen sich dem gemeinsamen Ziel einer nachhaltigen Sanierung unter und legen ihre persönlichen Konflikte zumindest temporär bei.
Commitment vom Top Management ist ein MUST
Erste Voraussetzung einer erfolgreichen Sanierung ist zunächst die klare Erkenntnis des jeweiligen Managements oder der Eigentümer, tatsächlich in einer Krise zu stecken und erforderliche Veränderungsprozesse zwingend einleiten zu müssen. Ein gemeinsames Ziel und Verständnis für eine notwendige Transformation sind ebenfalls absolut zwingend.
Unternehmenskulturen und Wandel werden von oben nach unten vorgelebt und geführt. Deshalb wird nur ein eindeutiges Commitment zur notwendigen Transformation von Eigentümern oder erster Führungsebene dazu führen, dass sich ein gleiches Bewusstsein und Commitment im mittleren Management und bei anderen Multiplikatoren im Unternehmen entwickelt. Denn letztendlich muss der Wandel von allen Beteiligten im Unternehmen gelebt werden.
Strategie ist Key
Das größte Kernprojekt in jedem Transformationsprozess bleibt jedoch die Strategieentwicklung. Dies ist die eigentliche Führungsaufgabe und sollte in einem gemeinsamen Strategieentwicklungsprozess vom Management geleistet werden.
Nahezu in jedem meiner Restrukturierungsprojekte fehlte dem betroffenen Unternehmen eine klare Strategie. Mindestens ein eindeutiges Geschäftsmodell war nicht definiert, welches auf identifizierten Wettbewerbsvorteilen (USPs) basiert. Die Kernelemente einer Unternehmensstrategie wie Vision, Mission oder Leitvorstellungen waren ganz selten entwickelt und in einer Unternehmenskultur verankert. Noch weniger existierte eine Zielmatrix, die bis auf Abteilungs- und Mitarbeiterebene heruntergebrochen werden muss. Neben der Strategie geht es im Strategieentwicklungsprozess auch um die Festlegung von Maßnahmen und Meilensteinen mit klaren Verantwortungen. Strategie und Maßnahmen sollten sich schlussendlich in einem fundierten Business Plan wiederfinden.
Ohne Umsetzung keine Veränderung
Neben der Herausarbeitung eines Unternehmenskonzepts und der Ableitung einer marktgerechten Organisationsstruktur kommt der Umsetzung der aus der Strategie abgeleiteten Maßnahmen und Projekte die entscheidendste Bedeutung zu. Die besten Analysen und Konzepte ergeben keinen Nutzen, wenn die Umsetzung scheitert.
Kommunikation - ein essentieller Erfolgsfaktor
Ein wesentlicher Erfolgsfaktor für eine erfolgreiche Sanierung ist die Kommunikation. Führungskräfte und Mitarbeiter in Krisenunternehmen sind in der Regel verunsichert und demotiviert. Dies ist meist auf mangelhafte Kommunikation und Information über die aktuelle Lage zurückzuführen. Lückenhafte Informationen tragen eher zu noch mehr Demotivation und Verunsicherung bei.
Im Transformationsprozess gilt es, permanent über die aktuelle Lage zu informieren sowie über eingeleitete Maßnahmen, Projekte und deren jeweilige Wirkung Statusberichte abzugeben. Auch bei der Kommunikation von sehr sensiblen Themen (z.B. Mitarbeiterabbau) muss professionell vorgegangen werden. Hier empfiehlt es sich, die Botschaften mit Transparenz und Integrität abzufassen.
Grundsätzlich gilt: Abgegebene Botschaften stellen Commitments dar und dürfen nicht gebrochen werden. Sie sind entscheidende Regeln in der Restrukturierung – diese tatsächlich einzuhalten, ist essentiell für die Motivation aller Beteiligten.
Mehrwert durch einen Interim Manager bei Restrukturierungen
Viele Unternehmen holen sich für die Umsetzung einer Restrukturierung oder einer Transformation einen Interim Manager mit ins Boot, dem neben seiner vorhandenen persönlichen Autorität auch Entscheidungs- und Durchgriffsrechte in der Organisation eingeräumt werden. Der größte Vorteil eines externen Managers ist sein objektiver Blick, seine Unabhängigkeit sowie seine Erfahrung aus vielen vorangegangenen Projekten in verschiedenen Branchen und Situationen.
Er bringt sein gesamtes Wissen in das jeweilige Unternehmen ein und verfügt über eine Toolbox und Systematiken, die er auch in neuen Situationen anwenden kann. Zudem erleichtert die Fülle an Erfahrungen aus früheren Projekten den Externen den versierten Umgang mit Herausforderungen und möglichen Hürden.
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