Warum strukturierte Sanierungskonzepte heute unverzichtbar sind
, von Stefanie Langhans

Übersicht – Alles zu Sanierungskonzepten nach IDW S6:
Sanierung mit System
Was ist ein Sanierungskonzept?
Der IDW S6 Standard als Bewertungsmaßstab
Aufbau eines Sanierungskonzepts: Die 6 Schlüsselelemente nach IDW S6
Wie Unternehmen ein Sanierungskonzept erstellen lassen
Rolle des Interim Managers bei der Umsetzung
Digitalisierung als Teil moderner Sanierungskonzepte
Die häufigsten Fehler bei Sanierungskonzepten – und wie Sie sie vermeiden
Was ein Sanierungskonzept erfolgreich macht: 5 Kriterien
Das Wichtigste auf einen Blick
- Ein Sanierungskonzept nach IDW S6 bietet rechtssichere Strategien zur Wiederherstellung der wirtschaftlichen Stabilität eines Unternehmens.
- Die initiale Bestandsaufnahme analysiert die finanzielle Lage durch strukturierte Gespräche mit Geschäftsführung und Stakeholdern.
- Ein Independent Business Review (IBR) liefert eine externe Bewertung der kurzfristigen Finanzlage und ergänzt das Sanierungsgutachten.
- Digitalisierung ist ein zentraler Bestandteil moderner Sanierungskonzepte und verbessert Effizienz, Steuerbarkeit und Zukunftsfähigkeit.
- Häufige Fehler wie oberflächliche Ursachenanalyse oder fehlende Umsetzungskompetenz gefährden die erfolgreiche Unternehmenssanierung.
Sanierung mit System
Unternehmen sehen sich immer häufiger mit tiefgreifenden Veränderungen konfrontiert. Sei es durch volatile Märkte, regulatorischen Druck, Margenerosion oder den zunehmenden Fachkräftemangel, die Anforderungen steigen. Wer in diesem Umfeld erfolgreich bestehen will, benötigt klare Strategien, stabile Prozesse und eine belastbare Finanzarchitektur. Kommt es dennoch zu einer akuten Schieflage, ist ein strukturiertes Sanierungskonzept unverzichtbar. Es zeigt Wege auf, wie sich operative und finanzielle Stabilität wiederherstellen lassen – systematisch, nachvollziehbar und rechtssicher.
Ein gut strukturiertes Sanierungskonzept nach IDW S6 bietet dabei nicht nur eine realistische Perspektive zur Unternehmensfortführung, sondern schafft auch Verlässlichkeit gegenüber Kapitalgebern und relevanten Anspruchsgruppen. Es dient als verbindliche Grundlage für Entscheidungen über Finanzierungen, Investitionen und Restrukturierungsmaßnahmen. Für die Geschäftsführung stellt es zugleich ein zentrales Element zur Absicherung ihrer Haftung und Verantwortlichkeit dar.
Das Independent Business Review (IBR) als Ergänzung zum IDW S6
Ergänzend dazu verlangen Banken oder Investoren in bestimmten Situationen häufig ein Independent Business Review (IBR). Dabei handelt es sich um ein unabhängiges Kurzgutachten, das die wirtschaftliche Lage und die Fortführungsfähigkeit des Unternehmens auf den Prüfstand stellt. Im Unterschied zu einem vollumfänglichen IDW S6-Gutachten fokussiert sich ein IBR stärker auf die kurzfristige Finanzlage, die Plausibilität der Planungen sowie die Einschätzung der Fortführungsfähigkeit aus Sicht externer Kapitalgeber. Es dient somit als wichtiges Instrument zur Vertrauensbildung und Entscheidungsvorbereitung bei Finanzierungsfragen.
Was ist ein Sanierungskonzept?
Ein Sanierungskonzept ist ein betriebswirtschaftlich fundierter und rechtlich abgesicherter Maßnahmenplan zur Wiederherstellung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines Unternehmens. Ziel ist es, Ursachen systematisch zu analysieren, gezielte Gegenmaßnahmen zu definieren und die Fortführung des Unternehmens wirtschaftlich sowie rechtlich abgesichert darzustellen.
Kernfragen, die ein Sanierungskonzept beantwortet, sind:
- Wie konnte es zur aktuellen Situation kommen?
- Welche strukturellen, operativen und finanziellen Stellschrauben bestehen?
- Welche Maßnahmen sind erforderlich und realistisch umsetzbar?
- Ist das Unternehmen nach Umsetzung der Maßnahmen langfristig überlebensfähig?
Ein wirksames Sanierungskonzept ist nicht statisch, sondern wird regelmäßig an die operative Entwicklung und das Marktumfeld angepasst.
Der IDW S6 Standard als Bewertungsmaßstab
Das IDW S6 wurde vom Institut der Wirtschaftsprüfer entwickelt und gilt als Standard für die Erstellung von Sanierungsgutachten. Es definiert die inhaltlichen und methodischen Anforderungen, damit ein Gutachten als objektiv, prüfbar und belastbar anerkannt wird. Grundlage ist die wirtschaftliche Analyse unter Berücksichtigung der rechtlichen Rahmenbedingungen, insbesondere des Insolvenzrechts und des Handelsrechts.
Zentrale Inhalte eines IDW S6-konformen Sanierungsgutachtens:
- Analyse der Ausgangslage und Krisenursachen
- Definition eines plausiblen Leitbilds des sanierten Unternehmens
- Detaillierter Maßnahmenplan mit operativen und strategischen Schritten
- Integrierte Finanzplanung (GuV, Bilanz, Liquidität über 3–5 Jahre)
- Fortführungsprognose im insolvenzrechtlichen Sinne
Nur wenn alle Bausteine fachgerecht, transparent und realistisch dargestellt werden, entfaltet das Sanierungskonzept seine volle Wirkung – auch vor Banken, Gerichten und Investoren.
Aufbau eines Sanierungskonzepts: Die 6 Schlüsselelemente nach IDW S6
Ein vollständiges Sanierungskonzept gliedert sich in mehrere ineinandergreifende Abschnitte. Die Reihenfolge kann je nach Unternehmenslage angepasst werden, die wesentlichen Bestandteile sollten jedoch vollständig enthalten sein:
- Unternehmens- und Umfeldanalyse
Beschreibung der Branche, Wettbewerbsumfeld, Marktstellung und internen Strukturen. Analyse der bisherigen Entwicklung, Stärken und Schwächen. - Ursachenanalyse
Identifikation und Differenzierung zwischen internen Ursachen (z. B. Management, Kostenstruktur) und externen Ursachen (z. B. Nachfrageeinbruch, Preisdruck). - Leitbild des sanierten Unternehmens
Definition eines strategischen Zukunftsbilds mit konkreter Zielarchitektur für Organisation, Geschäftsmodell und Marktposition. Hieraus ergeben sich Anforderungen an Personal, Prozesse und Geschäftsmodell. - Maßnahmenkatalog
Konkrete operative und strategische Maßnahmen zur Verbesserung der wirtschaftlichen Lage, z. B. Kostensenkung, Finanzierungssicherung, Restrukturierung der Organisation. - Integrierte Planung
Darstellung von Plan-GuV, Planbilanz und Liquiditätsplanung mit Szenarioanalysen und Sensitivitätsrechnungen. - Fortbestehensprognose
Rechtlich erforderliche Beurteilung, ob das Unternehmen auf absehbare Zeit fortgeführt werden kann.

Wie Unternehmen ein Sanierungskonzept erstellen lassen
In der Praxis wird ein Sanierungskonzept oft dann notwendig, wenn externe Kapitalgeber, wie Banken oder Investoren, es explizit verlangen. Häufig ist dies der Fall, wenn Kreditlinien gefährdet sind oder bei drohender Zahlungsunfähigkeit eine Fortführungsprognose im Sinne von § 19 InsO und § 252 HGB erforderlich wird. Besonders betroffen sind mittelständische Unternehmen in kapitalintensiven Branchen, z. B. Industrie, Bauwirtschaft oder Handel, die schnell auf finanzielle Schwankungen reagieren müssen.
Die Erstellung eines IDW S6-Gutachtens erfolgt nicht durch das Unternehmen selbst, sondern durch unabhängige, qualifizierte Dritte. Dazu zählen Wirtschaftsprüfer, Sanierungsberater oder spezialisierte Kanzleien. Deren Unabhängigkeit und fachliche Expertise ist entscheidend, damit das Gutachten die notwendige Akzeptanz bei Gläubigern, Investoren und Gerichten erhält.
Auch der zeitliche Rahmen ist ein wichtiger Faktor: Die Erstellung dauert, je nach Unternehmensgröße und Datenlage, in der Regel zwischen vier und acht Wochen. In besonders komplexen Fällen oder bei internationaler Verflechtung kann der Zeitraum auch länger ausfallen. Unternehmen sollten diesen Zeitraum frühzeitig einplanen, um Engpässe bei Finanzierungsverhandlungen oder in der Kommunikation mit Stakeholdern zu vermeiden.
Ein Sanierungskonzept wird typischerweise von externen Fachleuten erstellt, z. B. Wirtschaftsprüfern, Unternehmensberatern oder spezialisierten Sanierungsexperten. Entscheidende Faktoren für die Qualität sind eine objektive Bewertung, transparente Methodik sowie ein realistischer Umsetzungsansatz.
Der Ablauf folgt dabei einem strukturierten Prozess:
- Initiale Bestandsaufnahme: Analyse der wirtschaftlichen Lage, Gespräche mit Geschäftsführung und Stakeholdern
- Datenerhebung und Plausibilisierung: Finanzkennzahlen, Verträge, Personalstruktur, Marktanalysen
- Strategieworkshop: Konkretisierung des unternehmerischen Leitbilds mit dem Managementteam als Entscheidungsbasis für operative Maßnahmen
- Maßnahmenentwicklung: Operative und strategische Maßnahmen werden konkretisiert
- Erstellung der integrierten Planung: inkl. Finanzierungskonzept und Fortführungsprognose
- Ergebnispräsentation: gegenüber Banken, Gläubigern, Gesellschaftern
Ein wichtiger Erfolgsfaktor ist die enge Zusammenarbeit zwischen dem Unternehmen und dem externen Ersteller des Gutachtens. Nur so lässt sich sicherstellen, dass das Konzept nicht an der Realität vorbeigeht.
Rolle des Interim Managers bei der Umsetzung
Nach der Konzepterstellung beginnt die eigentliche Arbeit: die Umsetzung im Unternehmen. Hier zeigt sich, ob das Sanierungskonzept trägt. Interim Manager übernehmen in dieser Phase häufig eine Schlüsselrolle – sei es als Sanierungs-Geschäftsführer, Projektleiter oder CFO auf Zeit.
Ihre Vorteile:
- Neutraler Blick und schnelle Verfügbarkeit
- Erfahrung mit vergleichbaren Sanierungssituationen
- Fähigkeit zur klaren Kommunikation mit Stakeholdern
- Umsetzungskompetenz und Führungsstärke im operativen Alltag
Ein Interim Manager bringt das notwendige Momentum und sichert die konsequente Realisierung der Maßnahmen, ohne interne Verstrickungen oder politische Rücksichtnahme.
Digitalisierung als Teil moderner Sanierungskonzepte
Ein Sanierungskonzept, das nicht auch Digitalisierungspotenziale prüft, bleibt unvollständig. In nahezu jeder Branche bieten digitale Tools enorme Hebel zur Effizienzsteigerung, Steuerbarkeit und Markterschließung. Dazu zählen u. a.:
- Einführung digitaler Controlling- und Reportingsysteme
- Automatisierung von Kernprozessen (Produktion, Logistik, Buchhaltung)
- Digitale Vertriebskanäle und Plattformlösungen
- Nutzung von Business Intelligence zur datenbasierten Entscheidungsfindung
Sanierung bedeutet heute nicht nur Vergangenes zu korrigieren, sondern auch die Zukunftsfähigkeit aktiv zu gestalten.
Die häufigsten Fehler bei Sanierungskonzepten – und wie Sie sie vermeiden
Ein Sanierungskonzept entfaltet nur dann seine volle Wirkung, wenn es konsequent durchdacht, nachvollziehbar kommuniziert und pragmatisch umgesetzt wird. In der Praxis scheitern jedoch viele Sanierungen nicht an fehlendem Willen, sondern an strukturellen Mängeln im Konzept oder an einer mangelhaften Umsetzung. Die folgenden Fehler treten besonders häufig auf – und lassen sich durch professionelle Planung vermeiden:
Unzureichende Ursachenanalyse: Wird die Krise nicht in ihrer Tiefe verstanden, bleiben die Maßnahmen an der Oberfläche. Ein echtes Turnaround-Konzept setzt dort an, wo die strukturellen Ursachen liegen, nicht bei kurzfristigen Symptomen.
Unrealistische Maßnahmenplanung: Ein Sanierungskonzept muss ambitioniert, aber umsetzbar sein. Maßnahmen ohne Ressourcen, Zeitbudget oder klare Verantwortlichkeiten verpuffen schnell – mit fatalen Folgen für das Vertrauen von Gläubigern und Mitarbeitenden.
Fehlende Finanzierungsstrategie: Ohne belastbares Finanzierungskonzept ist jede Planung wertlos. Neben Kosten und Liquiditätsbedarf müssen auch Risiken und alternative Szenarien sauber durchgerechnet sein.
Mangelhafte Kommunikation: Finanzierungspartner und Belegschaft sollten frühzeitig und nachvollziehbar informiert und eingebunden werden. Wer relevante Gruppen, wie Banken, Gesellschafter oder Belegschaft, ignoriert oder zu spät adressiert, gefährdet die Umsetzung.
Keine operative Umsetzungskompetenz: Das beste Konzept hilft nicht, wenn es niemand mit Nachdruck vorantreibt. Hier sind erfahrene Restrukturierungsmanager gefragt, die operative Verantwortung übernehmen und mit Pragmatismus und Zielorientierung agieren.
Ein fundiertes, IDW S6-konformes Sanierungskonzept ist also nur die Grundlage. Entscheidend sind Qualität, Realitätsbezug und eine professionelle Umsetzungsstrategie.
Was ein Sanierungskonzept erfolgreich macht: 5 Kriterien
Ein Sanierungskonzept ist dann erfolgreich, wenn es:
- objektiv und nachvollziehbar aufgebaut ist,
- die Ursachen und Potenziale umfassend analysiert,
- konkrete und realistische Maßnahmen definiert,
- rechtlichen Anforderungen genügt,
- sowie von den Beteiligten mitgetragen und konsequent umgesetzt wird.
Die Kombination aus methodischer Strenge, wirtschaftlicher Kompetenz und aktiver Umsetzungsbegleitung macht den Unterschied zwischen einem Gutachten auf dem Papier – und einer erfolgreichen Sanierung in der Praxis.
In bestimmten Fällen kann zudem ein Independent Business Review (IBR) eine sinnvolle Ergänzung zum IDW S6-Sanierungskonzept ergeben, etwa dann, wenn kurzfristige Finanzierungsentscheidungen vorbereitet oder die Plausibilität bestehender Planungen im Auftrag von Kapitalgebern überprüft werden soll.
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