transport logistic 2019 – Fachkräftemangel in der Logistik: Hausgemachte Probleme?
, von Ulrike Heck (Bridge imp)
Krise mit Ankündigung
Das Altersproblem ist nur einer der Gründe für den Mangel an Fachkräften. Die schlechten Arbeitsbedingungen inklusive enormem Stress und langen Lenkzeiten, zunehmende Kriminalität an Rastplätzen, ein geringer Lohn und das insgesamt schlechte Image des Berufsbilds sorgen dafür, dass sich immer weniger junge Menschen für diesen Beruf interessieren und entscheiden. (Quelle: Darum muss Lkw-Fahrer dringend ein Traumberuf werden)
Droht der Versorgungskollaps?
Konnten die fehlenden Ressourcen in den vergangenen Jahren mit Fahrern aus Osteuropa ausgeglichen werden, ist dies inzwischen keine Option mehr. Laut dem Verband Verkehrswirtschaft und Logistik Nordrhein-Westfalen kommen aktuell kaum noch Lkw-Fahrer aus Ländern wie Rumänien oder Bulgarien nach Deutschland, weil vor allem die miserablen Arbeitsbedingungen und die prekäre rechtliche Lage inzwischen immer mehr potenzielle Fahrer abschrecken. Auch abseits der Straße gehen langsam die Alternativen aus: Mit 112 Milliarden Tonnenkilometern lag der Schienengüterverkehr schon im Jahr 2017 nahe an der Kapazitätsgrenze von 130 Milliarden Tonnenkilometern.
Im Jahr 2018 lag der Anteil des Lkw am gesamten Güterverkehrsvolumen bei knapp 72 Prozent. Auf vielen Strecken gibt es keine Alternative zur Straße. Diese Entwicklung wird bald zu einer Wachstumsbremse für die Branche. Engpässe sind vor allem bei Konsumgütern für Supermarktketten, Bekleidung, Möbeln oder Elektroprodukten zu befürchten, weil diese Güter fast ausschließlich von Lkw transportiert werden. Im Jahr 2018 kam es in diesen Segmenten bereits zu logistischen Engpässen inklusive verzögerten Lieferfristen. (Quelle: Darum muss Lkw-Fahrer dringend ein Traumberuf werden)
Hausgemachte Probleme?
Es wirkt wie so oft: Eine Branche verschließt die Augen vor dem Strukturwandel vor der eigenen Haustür. Dieser Strukturwandel vollzieht sich zwar sehr viel rasanter als in der Vergangenheit, er kommt aber nicht überraschend. Ein Auge wird verschlossen vor der enormen Dynamik, mit der neue Technologien auch den Logistikmarkt grundlegend verändern. Man will nicht daran denken, dass Millionen Arbeitsplätze durch den Einsatz autonomer Fahrzeuge oder KI-gefütterter Lagerroboter wegfallen könnten. Das erste Auge wird bereits vor dem Problem des Fachkräftemangels verschlossen. Das Ergebnis: Man wirbt für ein verstaubtes Berufsbild des Lkw-Fahrers, das in spätestens 15 Jahren nicht mehr existiert.
Der Rat von Experten: Vertraut dem Markt! Seine selbstregulierenden Kräfte werden zukünftig bestimmen, welche Arbeit wirtschaftlicher durch eine Maschine ausgeführt werden kann. Gleichzeitig schafft dieser verstärkte Einsatz von Robotern neue Jobs, bei denen der Mensch mit der Maschine kooperiert, sie programmiert, steuert, mit Informationen füttert oder sie zumindest überwacht. Da diese Stellen wichtig für den zukünftigen Erfolg der Unternehmen sind, werden sie auch besser bezahlt als Fernfahrer. Unternehmen müssen aber auch erkennen, dass der Lohn in der heutigen Arbeitswelt nicht allein entscheidend ist. Um Nachwuchskräfte zu gewinnen, müssen auch Faktoren wie Betriebsklima und Work-Life-Balance stimmen. Statt also weiter verzweifelt das Image des Brummifahrers zu polieren, sollten Unternehmen dem Nachwuchs zeigen, welche spannenden neuen Jobs die Industrie 4.0 auch in der Logistik zu bieten hat. (Quelle: Fachkräftemangel in der Logistik tatsächlich)
Hoffnung am Horizont
So trüb der Blick auf die Entwicklung der Fachkräfte, so vielversprechend und vielfältig die Lösungsansätze, um Prozesse in der Logistik mit Hilfe der neuen Technologien zu optimieren. Dabei gibt es verschiedene Ansätze: Mittels Künstlicher Intelligenz und autonomer Logistik können Spediteure Ausfallzeiten verringern. Durch IoT-Technologie (Internet of Things) lassen sich Güter in Warenhäusern miteinander vernetzen. So können Updates über den Zustand der Ware automatisiert weitergegeben und Prozesse autonom initiiert werden. Wie könnte das konkrete Problem des Fahrermangels adressiert werden? Nachfolgend drei Lösungsansätze von der transport logistic:
1. Brummi mit Fernbedienung
Klingt wie ein Apple-Produkt, ist aber ein Lastwagen: Der T-Pod ist ein vollelektrischer, autonom fahrender Lkw, der gemeinsam von den Unternehmen Einride und DB Schenker entwickelt wurde. Er befindet sich in Schweden bereits im Einsatz und pendelt dort aus Sicherheitsgründen noch im Schneckentempo vom Ausgangspunkt über eine öffentliche Straße zu einem Lagerhaus und zurück. Später wird der Lkw eine Höchstgeschwindigkeit von 90 km/h erreichen. Ein Fahrerhaus sucht man vergeblich; ein Mensch kann den Lastwagen bei Bedarf mit einer Fernsteuerung steuern. Das ist aus einer Entfernung von mehreren hundert Kilometern möglich.
2. Konvoi ohne Fahrer
Das Fahren von mehreren autonomen Lkw in einem Verbund reduziert Personal- und Spritkosten. So das Ergebnis eines Forschungsprojekts des Nutzfahrzeugherstellers MAN und des Logistikunternehmens DB Schenker. Bei dem sogenannten „Platooning“-Test sind zwei Lkw im Konvoi mehr als 35.000 Kilometer gefahren, unter anderem auch auf öffentlichen Straßen wie der Autobahn A9 zwischen München und Nürnberg. Die autonom fahrenden Lastwagen benötigen keinen Fahrer, durch die konstante Fahrt im Windschatten wird zudem der Kraftstoffverbrauch um 3 bis 4 Prozent gesenkt.
3. Daimler springt auf Level 4
Daimler bündelt seit Juni 2019 seine Aktivitäten für die Entwicklung autonom fahrender Lkw in seiner Autonomous Technology Group. Unter diesem Dach wird ab sofort geforscht und entwickelt, werden Infrastrukturen geschaffen und Projekte umgesetzt. Das Ziel: Bis zum Jahr 2029 sollen Fahrzeuge der Autonomiestufe 4 Güter transportieren. Level 4 ist die zweithöchste Stufe autonomen Fahrens: Ein menschlicher Fahrer übernimmt nur noch nach Aufforderung des Systems bei besonderen Situationen das Lenkrad. Daimler investiert eine halbe Milliarde Euro in die Realisierung der Zukunftspläne. So wurde im März 2019 Torc Robotics erworben, ein auf die Entwicklung von Systemen für autonome Fahrzeuge spezialisiertes US-Unternehmen.
(Quellen: Elektrisch und autonom auf öffentlicher Straße; Lkw-Platooning im Test; Autonome Lkw nach Level 4 in zehn Jahren)
Interim Manager: Ruhepol und Lotse in unruhigen Zeiten
Der Logistikbranche stehen mit dem dynamischen Strukturwandel und Herausforderungen wie der Digitalisierung und dem Fachkräftemangel unruhige Zeiten bevor. Nicht selten fühlen sich Entscheider in Unternehmen mit diesen Themen allein gelassen. Eine Führungskraft, die auf begrenzte Zeit unterstützt, kann in einer solchen Situation viel bewirken: Ein Interim Manager kann manuelle Arbeitsabläufe auf digitale, automavtisierte Prozesse verlagern. Dank seiner Erfahrung weiß er, wie man die digitale Transformation an das jeweilige Unternehmen anpasst (und nicht andersrum). Er kann Ängste und Skepsis vor Wegen auf bislang unbekanntem Terrain abbauen und steht Entscheidern als verlässlicher Sparringspartner auf Augenhöhe zur Seite.
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