Vielbeschworene Trennung zwischen Interim Manager und Berater
, von Karin Wilhelm (Senior Beraterin Bridge imp)
Natürlich berät ein Interim Manager seine Kunden. Vielleicht nicht so wie der klassische Berater, aber er tut es. Eine klare Trennung zwischen den beiden ist daher Unsinn. Die Wahrheit ist: Die Beratung gibt es kostenlos zum Interim Management dazu und die Umsetzung – falls gewünscht - ist auch gleich inbegriffen.
Oder können Sie sich vorstellen, dass ein Interim Manager, dem während seines Mandats Optimierungspotential auffällt, dies nicht ansprechen wird, auch wenn es außerhalb der gerade wahrgenommenen Verantwortung liegt? Dass er hier nicht aufgrund seiner langjährigen Erfahrung das Gespräch sucht, einen Rat anbietet? Selbstverständlich nur, wenn der gewollt ist. Den Versuch wird er jedoch in jedem Fall machen. Hier paart sich fruchtbar der immense Vorteil des „von-außen-Kommenden“ mit der „das-habe-ich-schon-dreimal-erlebt-Erfahrung“ des Interim Managers.
Kluge Unternehmen nutzen längst die von Interim Managern kostenlos eingebrachte Beraterkapazität ganz nach dem Motto: Da frag ich doch mal, was der davon hält und ob er in den 30 Jahren, in denen der Interim Manager Kundendiensteinheiten aufgebaut, abgebaut, zusammengeführt, dezentralisiert und geleitet hat, diese Strategie schon mal verfolgt hat und ob sie vielleicht nicht die gewünschten Ergebnisse brachte. Schneller kann kein Geschäftsführer 2000 Euro Berater-Tageshonorar sparen. Der CFO freut sich.
Und es gibt noch einen Aspekt. Der Interim Manager berät aus der Sicht der Bewährung in der Praxis, weniger aufgrund von Modellen, die sich mitunter nur auf bunten Folien gut machen. Dieses Zuckerstückchen Mehrwert muss nur einfach richtig „verkauft“ werden. Denn wer hat schon so einen Knüller in seinem Bauchladen außer uns Interim Managern? Also, weg von der Betonung der fest abgesteckten Grenzen und hin zur klaren Darstellung des Mehrwerts. Ganz besonders gilt das im Angesicht des Widerstands, der in Form von Geschäftsführern auftritt, die in jedem dritten Satz betonen, dass sie eben keinen teuren Berater wollen.
So, und zum Schluss noch der Umkehrschluss. Der geht meiner Ansicht nach nicht. Berater gleich Interim Manager? Die Erfahrung und die Führungspraxis, die dazu nötig sind, können viele nicht gratis mitliefern. Zwischen PowerPoint und Realität liegen eben doch Welten.
Jetzt sind Sie aber mit Ihrer Meinung dran. Ich bin gespannt darauf!
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Kommentar von Falk Janotta |
Liebe Frau Wilhelm,
vielen Dank für die Eröffnung dieses immer aktuellen "Dauerbrenner"-Themas.
Sie schreiben "Eine klare Trennung zwischen den beiden ist daher Unsinn" und begründen das sehr plausibel. Ich stimme dem auch weitestgehend zu.
Da ich früher tatsächlich für drei Unternehmensberatungen gearbeitet habe, fließen diese Erfahrungen und Fähigkeiten in die Ausübung meiner Interimsmandate mit ein. Von Seiten meiner Auftraggeber wird das auch erwartet (sehr oft werde ich umgangssprachlich im Unternehmen als Berater bezeichnet).
Ich will hier nicht über die Qualität und den Nutzen von Beratern bzw. deren Beratungen diskutieren. Aber ich möchte noch einen anderen Aspekt mit einbringen. Ich erlebe, dass Berater in manchen Unternehmen nicht beraten dürfen. Ihr Auftrag beschränkt sich beispielsweise auf die Besetzung eines Projektmanagementbüros. Da erzählt mir dann ein Berater, dass er festgestellt hat, dass Projektorganisation, Projektstruktur und die Vorgehensweise nicht professionell, nicht zielführend und / oder ineffektiv sind. Und sagt dem Projektleiter, dem Lenkungsausschuss und dem Auftraggeber nichts! Das kann ich gar nicht verstehen. Offensichtlich will er es sich mit seinem Auftraggeber nicht verderben und lässt ihn gewähren.
Fazit: Es gibt Situationen, in denen der Berater noch nicht einmal für die kompetente Beratung genutzt wird. Da tut sich ein Interimsmanager doch viel leichter, da er während der Umsetzung fast automatisch in die Rolle des Beraters schlüpft, ohne es so zu nennen.
Beste Grüße
Falk Janotta
Kommentar von Christian Menke |
Der Aussage des Beitrages von Herrn Sunkel kann ich keineswegs zustimmen Zunächst ist - zumindest in meinem Funktionsbereich Finance - festzuhalten, dass die stetige Weiterbildung und Wahrnehmung von Trends und Best Practises eine Aufgabe ist, der man/frau sich einfach stellen muss (und daran auch Spaß haben kann). Weiterhin gilt diese Anforderung ja wohl auch für die beratenden KollegInnen, bei denen keineswegs eine höhere fachliche Kompetenz erkennbar ist. Für mich bleibt es dabei: ein Interim Mandat ist meist auch (hochwillkommene) Beratung, praxisnah und umsetzungsorientiert. Berater aber haben oft nicht die notwendigen Führungs- und Umsetzungskompetenzen für erfolgreiche Interim Engagements.
Gruss
CM
Kommentar von Dieter Kuhl |
Aber bitte nicht vice versa!
Kommentar von Uwe Sunkel |
Der gedankliche Ansatz ist nicht falsch - aber leider nicht vollständig. Die meisten erfolgreichen Interim Manager sind so gut "gebucht", dass sie überhaupt keine Zeit haben (oder sich diese nicht nehmen), um auf einem aktuellen Wissensstand zu bleiben. Diese Kollegen werden dann von den Entwicklungen überholt und hinken hinterher. Wenn es um die Einbringung aktuellen Expertenwissens geht, sind die "reinen" Berater manchmal eben doch wieder die bessere Wahl. Man muss da schon genau hinschauen, was man wirklich braucht - und zwar vor dem Auftrag!
Kommentar von RV |
Sehr geehrte Frau Wilhelm,
Genauso sieht es aus.
Am besten funktioniert dieser Prozess zudem, wenn der Interim dem Kunden kurz skizziert wo der Missstand liegt, was die Lösung und das dazugehörige Potential ist, die notwendigen Maßnahmen zur Umsetzung sowie die relevanten Stakeholder sind und in welchem zeitlichen Rahmen sich alles umsetzen lässt.
Meiner Erfahrung nach erhalten Sie vom Kunden nur eine kurze Antwort: "Machen!".
Und genau deshalb haben wir Interim Manager einen entscheidenden Vorteil gegenüber "Beratern".
Wir setzen um.
Gruß RV
Kommentar von Christian Menke |
Liebe Frau Wilhelm, Sie haben wieder einmal den Nagel auf den Kopf getroffen! Selbstverständlich verfügen zumindest die allermeisten Interim Manager neben den umsetzungsrelevanten Kompetenzen auch über die Qualifikation und KnowHow beratend bei ihren Kunden tätig zu sein und wenden dies in aller Regel auch laufend in den IM-Projekten an. Wie Sie richtig schildern, sehr zum Nutzen beider Parteien. Umsetzung und Führung ist aber eben nicht das Ding der meisten "Nur-Berater", daher ist Ihrem letzen Absatz auch Nichts hinzuzufügen.
Ich würde mich sehr freuen, wenn es Providern und IM's zukünftig offensiver/besser gelingt, diesen Aspekt als zusätzlichen Mehrwert des IM in der Öffentlichkeit/bei Kunden zu platzieren.
Herzlichen Gruss
CM