Unterschätzt: Aftersales & Service im Mittelstand
, von Urs Affolter (Interim Manager)
Viele Unternehmen schätzen den Bereich Aftersales & Service mittlerweile als konstanten Umsatztreiber. Doch trotz seiner immensen Bedeutung wird das Thema im Mittelstand immer noch zu „stiefmütterlich“ behandelt. Urs Affolter, Interim Manager und Experte für Aftersales und Service-Projekte, dazu im Interview:
Welche Bedeutung hat das Thema Aftersales & Service für den deutschen Mittelstand?
Industrieunternehmen, insbesondere der deutsche Mittelstand, investieren seit Jahren in die eigene Servicekompetenz. Da das Produktgeschäft nicht mehr die hohen Margen aus der Vergangenheit bietet und im Service deutlich geringere Konjunkturschwankungen zu verzeichnen sind, schätzen sie diesen Bereich mittlerweile als konstanten Umsatztreiber. Dennoch: Deutsche Unternehmen agieren immer noch zu produkt- und technologielastig und integrieren den Servicegedanken nicht ausreichend in ihr Geschäftsmodell. Trotz seiner immensen Bedeutung werden Aftersales und Service im Mittelstand bisher immer noch zu „stiefmütterlich“ behandelt. Strategiepapiere alleine genügen nicht, es gilt, das erdachte Konzept mit Geduld und Erfahrung umzusetzen.
Wie lässt sich mit dem Servicegeschäft Geld verdienen?
Service bedeutet für einen Kunden in der Regel zweierlei: Zum einen eine Versicherung, dass ein Produkt auch nach Ablauf der Garantie zuverlässig seine Dienste tut und zum andern die Sicherheit, einen Partner zu haben, der sich um seine Belange kümmert. Ein Kunde wird nur dann ein Servicepaket kaufen, wenn ihm daraus ein direkter Nutzen entsteht und er sich voll auf seine Kernkompetenz konzentrieren kann. Ein Zulieferer aus dem Maschinenbau oder der Automobilindustrie z. B. kann sich keinen Stillstand seiner Produktion leisten. Daher hat er allergrößtes Interesse daran, dass seine Maschinen und Anlagen keine oder nur geringe Ausfallzeiten haben. Erreicht wird dies durch präventive Wartung, oder im Falle eines Schadens, durch schnelle Reaktionszeiten. Eine Win-win-Situation für beide Partner: Der Kunde bezahlt gerne für diese Dienstleistung und das Serviceunternehmen verfügt über ein wirksames Kundenbindungsinstrument.
Was vernachlässigen die meisten Unternehmen in diesem Bereich?
Das Wissen darum, dass das Servicegeschäft ein komplexer Bereich ist. Denn bis der Techniker vor Ort ist, müssen sehr viele Ablaufprozesse im Hintergrund funktioniert haben. Wenn ein Interim Manager in ein Unternehmen kommt, wird er zuerst nach den Bedürfnissen des Kunden fragen und daraus das Servicekonzept ableiten. Er definiert die Prozesse und setzt für diese die Organisation auf. Und er zeigt klar und deutlich deren Komplexität und konsequente Umsetzungsnotwendigkeit auf. Dabei ist es unwesentlich, ob schon eine Serviceorganisation besteht, die dann weiterentwickelt wird, oder ob eine komplett neue Einheit aufgebaut werden soll. Seine Aufgabe ist es, von der Strategie bis zur Umsetzung die Verantwortung für das Servicekonzept zu übernehmen.
Was kann ein Interim Manager besser als ein interner Mitarbeiter in der gleichen Funktion?
Viele Herausforderungen rund um das Thema Service hat der Interim Manager bereits erlebt; daher weiß er sofort, welche Maßnahmen zum Erfolg führen und welche nicht. Kosten- und zeitintensive „Trial and Error“-Szenarien fallen somit in der Regel weg. Als Externer stellt der Interim Manager den internen Mitarbeitern dieses Wissen zur Verfügung, zeigt mögliche Stellschrauben zur Verbesserung auf und sorgt dafür, dass die notwendigen Maßnahmen verstanden, umgesetzt und angewendet werden.
Welche Fähigkeiten muss ein Interim Manager haben, der in dieser Funktion Erfolg haben möchte?
Der Interim Manager muss mit Leib und Seele Führungskraft sein. Er braucht ein Gefühl für die einzelnen Abteilungen wie Vertrieb, Produktion oder Feldorganisation sowie die dazu gehörenden Umsätze und Margen. Seine Kernkompetenzen sind Führung, sowie Prozess- und Ablaufoptimierung. Er ist tief im operativen Geschäft verwurzelt, hat dabei aber auch immer das große Ganze im Blick.
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