Wie KI das Management in Unternehmen verändert
, von Manuel Endress

KI-Experte Eckhart Hilgenstock beleuchtet im Interview, wie Künstliche Intelligenz das Management künftig verändern wird. Der erfahrene Interim Manager erklärt, weshalb sich Führungskräfte mit KI auseinandersetzen sollten, um zukunftsfähig zu bleiben und, wie es Unternehmen gelingt, die riesigen Chancen, die sich durch KI bieten, für die digitale Transformation zu nutzen.
Management im Wandel : „Ohne KI bleiben große Chancen ungenutzt.”
Inside Interim: Welche Vorbehalte begegnen Ihnen bei Führungskräften häufig im Zusammenhang mit der Einführung von KI-Tools?
Eckhart Hilgenstock: Viele Manager scheuen vor notwendigen Investitionen zurück und haben Bedenken, selbst überflüssig zu werden oder Mitarbeiter zu überfordern. Und es ist natürlich auch die Sorge, eigene Kompetenzlücken zu offenbaren. Zudem enttäuscht die Realität oft die hohen Erwartungen an KI-Tools.
Ein Beispiel: Die Recherchen für ein durch generative KI-gestütztes CRM-System waren bislang sehr ernüchternd. Doch auch die bereits vorhandenen KI-Lösungen bieten viele Chancen und lassen sich gut an die existierenden Systeme im Unternehmen anbinden.
„Es ist die Sorge, eigene Kompetenzlücken zu offenbaren.“
Inside Interim: Sie sprechen die Angst vor Kompetenzlücken bei Führungskräften an. Wie wird sich die Rolle des (oberen)Managements durch den Einsatz von KI künftig verändern?
Eckhart Hilgenstock: Das Management muss sich darauf fokussieren, KI optimal zu verwenden, um den größtmöglichen Nutzen daraus zu ziehen. Beispielsweise kann die KI repetitive Aufgaben übernehmen, Strategien und kreative Innovationen können durch den richtigen KI-Einsatz unterstütz werden - allein der Ausschluss bestimmter Ideen spart enorm Zeit. Gleichzeitig muss KI fließend in die tagtäglichen Prozesse der Mitarbeitenden integriert werden.
Die generative KI (gKI) Perplexity hat es so zusammengefasst: „KI kann das Management in verschiedenen Bereichen revolutionieren, zu effizienteren Prozessen führen, bessere Entscheidungen ermöglichen und eine höhere Kundenzufriedenheit erreichen. Unternehmen die KI proaktiv in ihre Managementprozesse integrieren, können einen entscheidenden Wettbewerbsvorsprung erreichen.“ Das halte ich für treffend beschrieben.
Inside Interim: KI-Tools im Management optimal nutzen. Was heißt das genau?
Eckhart Hilgenstock: Die Aufgabe eines guten Managements – egal ob auf C-Level oder einer mittleren Ebene – ist es, Strukturen und Leitplanken zu schaffen, in welchen sich ihre Mitarbeiter sicher fühlen und eigenverantwortlich arbeiten. Außerdem ist es wichtig, realistische Ziele zu setzen. Dies setzt allerdings voraus, dass ich selbst weiß, wovon ich spreche. Führungskräfte sollten also zunächst selbst damit beginnen, sich mit KI-Lösungen auseinanderzusetzen und dieses wichtige Wissen dann sukzessive Ebene für Ebene in der Organisation weitergeben.
Ein Beispiel:
Für einen Kunden haben wir kürzlich ein KI-Tool für die Abwicklung kleiner, bisher defizitärer Aufträge integriert. Diese Transaktionen machten die Hälfte aller Bestellungen aus. Viele Anfragen waren unklar, so dass mehrere Mails oder Anrufe der Mitarbeiter nötig waren, um zu klären, was die Kunden wirklich benötigten.
Mistral: Eine Generative Chat-KI für Unternehmen
Mit der generativen KI Mistral wird direkt per Mail geklärt, was der Kunde wirklich möchte. Der Preis wird vereinbart und die Kunden können Ihre Bestellung abgeben. Nach initialer Prüfung der Bestellung durch den Algorithmus werden alle Kleinbestellungen übersichtlich in einer Zeile je Bestellung auf dem Bildschirm gelistet, sodass die Mitarbeitenden auf den ersten Blick mögliche Fehler erkennen und anschließend die Bestellungen mit einem Klick frei geben können.
Anschließend laufen Bestellungen automatisiert im Warenwirtschaftssystem ein. Dort werden sie automatisch ein zweites Mal geprüft und dann direkt auf der Pick-List im Lager gelistet. Im Idealfall wird so die Ware noch am gleichen Tag verladen.
Dies setzt Kapazitäten bei zwei Mitarbeitenden im Sales-Team frei, sodass sich diese gezielter um den Service am Kunden sowie die Potenzial-Analyse dieser Kleinkunden kümmern können.
Sales und Marketing profitieren von KI-Tools
Inside Interim: In welchen Bereichen wird KI künftig unverzichtbar sein?
Eckhart Hilgenstock: KI wird in vielen Bereichen unverzichtbar sein, darunter Innovationsmanagement, digitale Marketingstrategien, Prognosesysteme und Customer Journey-Analysen. Überall dort, wo große Datenmengen analysiert werden müssen, ist Erfolg ohne Business Intelligenz und KI-Software nicht mehr denkbar.
IBM hat beispielsweise die IBM Consulting Advantage eingeführt. Das ist eine KI-Plattform, die IBM-Berater bei Konsistenz, Wiederholbarkeit und Geschwindigkeit unterstützt.
In Bereichen wie zum Beispiel Marketing ist KI bereits allgegenwärtig: Digitales Marketing, Content Produktion, Marketing-Analysen, SEO (organische Suchmaschinen-Optimierung), SEA (Suchmaschinen-Advertising) ist KI schon lange nicht mehr wegzudenken.
Auch Verkauf wird bald ohne KI im Vergleich deutlich ineffizienter funktionieren. Viele Teile der Customer Journey werden durch KI angereichert oder ausgeführt werden.
Ein Beispiel ist die Sentiment Analyse (Stimmungsanalyse) mit Hilfe derer die KI vorschlägt, wie Sie mit dem Kunden sprechen sollten. Während des Telefonats schlägt die KI die nächste, passende Frage für Ihren Kunden? Diese Liste der Möglichkeiten lässt sich nahezu unendlich erweitern.
Inside Interim: Gibt es Bereiche und Branchen, die ohne KI auskommen?
Eckhart Hilgenstock: Ehrlich gesagt, wahrscheinlich nicht. Bei Innovationen von Geschäftsmodellen bleiben ohne Einsatz von KI große Chancen einfach ungenutzt und die Konkurrenz wird schnell vorbeiziehen.
Inside Interim: Was müssen Manager und Managerinnen, die gerade beginnen, KI in ihren Arbeitsalltag zu integrieren, beachten?
Eckhart Hilgenstock: Sie sollten keine Angst vor Experimenten haben und Seminare und Netzwerke nutzen, um sich weiterzubilden. Zudem ist es ist entscheidend, genügend Experten im Team zu haben, die KI-Erfahrung mitbringen. Diese müssen nicht unbedingt aus der eigenen Branche stammen – oft hilft es sogar mehr, Expertise aus fortschrittlicheren Branchen als der eigenen einzubeziehen.
"KI-Fortbildungen für alle Beschäftigten sind eine wichtige Basis. Da die Technologie rasant voranschreitet, sollte man die KI-Strategie zudem regelmäßig anpassen."
Inside Interim: Welche ersten Schritte sollten Unternehmen gehen, um den Mehrwert von KI auszuschöpfen?
Eckhart Hilgenstock: Die Fortbildung für alle Mitarbeitenden ist die wichtigste Basis. Suchen Sie sich gute externe Unterstützung, prüfen Sie Referenzen und beginnen Sie mit Pilotprojekten. Es ist wichtig, schnell erste Erfolge zu erzielen, um die Akzeptanz im Unternehmen zu fördern. Zudem sollte man die KI-Strategie regelmäßig anpassen, da die technologische Revolution aktuell rasant voranschreitet.
Inside Interim: Ihre Prognose: Werden Interim Manager mit KI-Expertise künftig häufiger gebucht?
Eckhart Hilgenstock: Ein klares Ja. Unternehmen suchen verstärkt nach Interim Managern & Managerinnen, die auf der Höhe der Zeit sind und sich mit Digitalisierung und dem Einsatz von KI auskennen.
Inside Interim: Wie verändert der KI-Boom Ihre Arbeit als Interim Manager?
Eckhart Hilgenstock: KI verändert meine Arbeit grundlegend. Fast täglich nutze ich generative KI (gKI) für Texte, Präsentationen und Analysen. Ein Beispiel: Man gibt der KI eine Excel-Datei und brieft das Tool so, dass es alle B2C-Kunden identifiziert – das Ergebnis spart mehrere Stunden Arbeit.
Über Eckhart Hilgenstock
Eckhart Hilgenstock ist erfahrener Interim Manager, Buchautor und ausgewiesener Experte für digitale Transformation. Sein Slogan: „Struktur fürs digitale Geschäft“. In Projekten liegt sein Fokus auf profitablem Wachstum, in der Optimierung von Prozessen in Vertrieb und Marketing sowie der Verbesserung des Kundenerlebnisses. In seinem Buch „KI-Einsatz in Unternehmen“ erklärt Hilgenstock, welche positiven Effekte und Chancen KI für Unternehmen im Mittelstand bietet und wie die Umsetzung von Projekten und die Integration in bestehende Systeme erfolgreich gelingt.
ISBN: 978-3-98674-115-0