Die meisten von uns sind in einer Welt aufgewachsen, die sich nicht jeden Tag ändert. Bestimmte Branchen, bestimmte Märkte waren sicher. Es gab keinen Zweifel am steten und steigenden Erfolg der Stahlindustrie, der Automobilbranche, von Handelsunternehmen oder Banken.
Die neue Beständigkeit ist der Wandel. Digitalisierung und Big Tech verändern die Welt und diese passt sich selbst laufend daran an. Auch in der alten Welt herrscht Unruhe: Familienunternehmen ohne Nachfolger, veränderte Lieferketten – hin zur Globalisierung und vielleicht wieder zurück – sowie kürzlich das Thema "Zombifizierung" der Wirtschaft.
Dr. Carsten Koblin ist als Interim CFO, CRO (Chief Restructuring Officer) oder Interim CEO im Einsatz und führt vor allem kleine und mittelgroße Unternehmen, teils im Auftrag von Private Equity Gesellschaften, durch tiefgreifende Veränderungen wie Restrukturierungen und Eigentümerwechsel.
Im Interview erzählt er, was diese nicht alltäglichen Unternehmenssituationen mit den Mitarbeitern machen, warum er gerne für und mit Private Equity arbeitet und dass es auch Zahlen gibt, die er nicht kennen muss.
Wie wichtig ist es, den Mitarbeitern während einer Restrukturierung Sicherheit zu geben?
Koblin: Restrukturierung ist Stress. Für die Mitarbeiter bedeutet das Unsicherheit und Zukunftssorgen. Denn der Einzelne denkt natürlich nicht nur ans Unternehmen, sondern auch – und vielleicht vor allem – an sich selbst und seinen Job.
Als Restrukturierer fahre ich notgedrungen ein hohes Tempo. Das sorgt bei den meisten Mitarbeitern fĂĽr Anspannung, die aber auch sein muss. Denn sie bewirkt besondere Leistungen. Mein Job ist es, den Stress positiv zu kanalisieren. Nur wenn die Leute zu aufgeregt sind, muss ich sie beruhigen.
Keine Anspannung hingegen bedeutet, dass der Ernst der Lage vermutlich nicht erkannt wird. Sind die Leute also zu entspannt, muss ich sie aufwecken. Eine Restrukturierung ist eben nicht business as usual.
Als CFO arbeiten Sie intensiv mit Investoren zusammen. Wie tickt Private Equity? Was ist anders als bei der Arbeit im GroĂźkonzern?
Koblin: Private Equity ist straight. Die wollen Geld verdienen. Die Zusammenarbeit ist anspruchsvoll, aber es gibt eine konsequente, zahlenbasierte Logik. Hat man die einmal verstanden, findet man sich gut zurecht.
Im Konzern dagegen gibt es typischerweise die ganzen politischen Befindlichkeiten, Abhängigkeiten und Agenden, die man erst mal verstehen muss. Da geht es nicht immer nur um den Erfolg und die Zahlen, die mich als finanzorientierten Manager interessieren.
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